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wie radikaler protest verhindert weden soll

dass die proteste anfang juli in salzburg keine friedlichen werden, dafür hat die österreichische exekutive schon vorgesorgt. in salzburg werden sich riot-police einheiten aus den verschiedensten städten des landes ein stell-dich-ein geben und dafür sorgen, dass - unabhängig von den vorbereitung der protestierenden - in dieser stadt eine stimmung der gewalt herrschen wird. wenn sich tausende polizistInnen auf den ausnahmezustand vorbereiten, ist das wohl auch kein wunder.

ag gegen polizeigewalt

drei sperrkreise werden um das konferenzzentrum gezogen, die beiden inneren sind ausschließlich für wef-leuten reserviert, in diesem areal befinden sich nicht nur die wichtigsten nobel-hotels sondern auch eine menge banken und versicherungen. die einsatzzentrale der polizei wird im schloss mirabell sein, direkt neben dem kongressgebäude, in einer nahen schule wird ein notlazarett eingerichtet, als eigene waschmöglichkeit steht der exekutive das legendäre "tröpferlbad" zur verfügung. untergebracht und verpflegt werden die 5000 oder mehr polizistInnen und gendameriebeamtInnen in den bundesheerkasernen rund um salzburg. für polizei, gendamerie und die salzburger feuerwehr gibt es eine urlaubssperre für die zeit des wef-gipfels. angekündigt wurden weiters wega-beamtInnen aus wien, die elite-truppe cobra und bombenexpertInnen des innenministeriums.

es ist wahrscheinlich, dass die polizei versuchen wird, wie bei den chaostagen vor einigen jahren, die ganze stadt dicht zu machen und die individuelle bewegungsfreiheit der anreisenden demonstrantInnen auf ein minimum zu beschränken. fix ist der plan, an diesem wochenennde die reisefreiheit innerhalb der schengen-staaten aufzuheben und die grenzen zu den eu-nachbarländern genauer zu kontrollieren.

mit einem enormen polizeilichen aufmarsch und der damit verbundenen repression soll versucht werden, schon jedes aufflackern eines hörbaren protestes zu verhindern. um die geplante gewaltige und gewalttätige einschränkung der demonstrations- und meinungsfreiheit durch die polizei in salzburg legitimieren zu können, wird heute schon in einer medialen hetze jeglicher protest kriminalisiert, da werden dann auch sitzblockaden oder andere gewaltfreie direkte aktionen als aggressives handeln und die internationale mobilisierung als herankarren von ausnahmslos gewalttätigen randaliererInnen interpretiert.

auch wenn sich der salzburger polizei-chef karl schweiger gern ein liberales mäntelchen umhängen möchte, bei den widerständigen um gesprächsbereitschaft buhlt und eine angemeldete demonstration möchte, resultiert dies wohl weniger aus einem demokratischen grundverständnis, sondern aus dem versuch den protest gegen den wef-gipfel in legale schranken zu verweisen und damit nur jene kritischen stimmen zuzulassen, die sich durch das einschüchternde spiel der exekutive den mund verbieten lassen. legale schranken bedeuten in diesem zusammenhang nicht einmal bürgerlich-demokratische grundfreiheiten, sondern das wunschszenario der polizei.

die polizei versucht indes durch eine konstruierte differenz zwischen lokaler szene und internationaler mobilisierung ein auseinanderdividieren zwischen den »guten einheimischen« und den »bösen ausländischen« demonstrierenden. damit soll nicht nur die existenz einer lokalen radikalen linken von vornherein negiert und der bürgerlich-reformistischen protest (z.b. attac) als einzig legitimer dargestellt werden, obendrein bedient sich dieses klischee auch einer rassistischen abgrenzung und der in diesem land typischen denkunmöglichkeit einer konsequente kapitalismuskritik .

nach einer längeren pause werden nun bei demonstrationen (gegen die regierung) wieder wasserwerfer eingesetzt, an cs-gas einsätze können sich nur mehr die älteren erinnern, aufgrund der eigenen angst der staatsgewalt sowie der »sicherheitspolitik« der regierung ist aber anzunehmen, dass die polizei in salzburg alle ihr zur verfügung stehende mittel einsetzen wird. tituliert wird der einsatz unabhängig von den wahren begebenheiten wohl wieder als »deeskalationsstrategie«, genau jene »deeskalationsstrategie« der polizei führte bei den heurigen protesten gegen den opernball in wien zu einem haufen (teils schwer) verletzter demonstrantInnen.

unsere antwort darauf kann nicht der rückzug sein bzw. die konzentration auf rein »symbolischen« widerstand sondern nur ein verstärktes bemühen um eine bestmögliche vorbereitung der proteste, individuell wie kollektiv. das konzept der bezugsgruppen (affinity-groups) bietet dafür eine brauchbare basis, genauso wie eine organisierte gemeinsame anreise, die rechtzeitige information über rechtshilfe- und demosanistrukuren und die persönliche demovorbereitung.
 

aus TATblatt Nr. +167/168 vom 15. Juni 2001
 
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