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Summer of Resistance 2001
>Volxtheater-Karawane
>Carnival Caravan
>Bordersounds-Tour
>25. bis 27. Juni 2001 - Barcelona
>1. bis 3.7. - Salzburg WEF-Treffen
>4.-8. Juli 2001, Grenzcamp in Petisovci, Slowenien
>5.-12. Juli 2001 Grenzcamp in Krinki, Polen / Bialystok, Weissrussland
>20. bis 22. Juli 2001, Genua, G8-Gipfel
>16.-27. Juli 2001, Weltklima-Gipfel in Bonn, Deutschland
>ab 15. Juli - Rußland, Sommercamp
>27. Juli - 5.8., Flughafen Frankfurt/Main
>28.7.-5.8., Sommercamp im Wendland
 

Den europäischen Sommer 2001 erwartet eine Serie von untereinander vernetzten politischen und kulturellen Ereignissen, die den heutigen Diskurs über Probleme von Migration und Globalisierung darstellen. Jedes dieser sozialen Ereignisse ist ein Ort und auch ein Fest des Widerstandes mit vielfältigen Aktionen und direkten Konfrontationen, die mit den tagtäglichen Auseinandersetzungen in Verbindung gebracht werden. So wird vielerorts Rassismus, die Situation von MigrantInnen, die Abschottung EU-Europas durch Schengener u.a. Verträge und überhaupt die Unsinnigkeit und Unnotwendigkeit von Grenzen thematisiert. Durch gemeinsame inhaltliche Orientierung und verstärkte Vernetzung wird aufgezeigt, dass es sich um einen gemeinsamen antikapitalistischen, antirassistischen, ... Kampf handelt.

TATblatt

In den letzten Jahren bildeten sich zahlreiche Netzwerke, die jede Gelegenheit nutzen, um an einer offenen Diskussion über Ausbeutungsverhältnisse, der Freiheit von Bewegung und die Abschaffung von Grenzen teilzunehmen - im Zeitalter der Globalisierung, in dem immer neue Mauern aufgebaut und Festungen errichtet werden.

Widerstand wird in den kommenden Monaten auf vielfältige Weise sichtbar werden. Nicht nur politischer Aktivismus trägt dazu bei, sondern auch immer besser vernetzte unabhängige Medien. So bildeten sich in zahlreichen Städten und Ländern neben anderen oft schon bestehenden Strukturen sogenannte Independent Media Centers (IMC), in denen AktivistInnen auf JournalistInnen treffen, um ein Gegengewicht zur Berichterstattung der Mainstreammedien zu ermöglichen.Im Folgenden eine Übersicht der wichtigsten Ereignisse dieses Sommers. Doch nicht das Hüpfen von Gipfel zu Gipfel soll im Vordergrund stehen, sondern vielmehr sollen durch Partizipation an diversen Schauplätzen Alternativen zum Bestehenden aufgezeigt werden.Am Ende findet sich eine Linkliste zu weiteren Informationen im Internet.

Volxtheater-Karawane
Mit dem Kampagnenslogan "NO border - NO nation - no one is illegal" werden diverse Sommerschauplätze verbunden. Die no-border-Karawane soll ein politisches und künstlerisches Projekt sein und ein Prozess von sozialem Aktions-Theater, eine neue Form des kulturellen Diskurses, in dem nomadisches Reisen in Kombination mit direkter politischer Aktion, Erfahrungsaustausch, Dokumentation, Medienarbeit und politisch-künstlerischen Aktivitäten auftritt. Die no-border-Karawane wird mobile Info-Kampagne sein und gleichzeitig, auch durch Vernetzung mit internationalen Gruppierungen, dem Bedürfnis und der Erfahrung nach direkten Aktionen im öffentlichen Raum nachgehen. Als Ansatz dafür dienen in den letzten Jahren entwickelten Formen des Widerstandes gegen das brutale und oft tödliche Grenzregime der Festung Europa, das mit verschiedenen Aktionen und Grenzcamps attackiert wurde.24. Juni Start in Nickelsdorf (österreichische Ostgrenze/Mockdenkmal) - 26.6. Startfest am Heldenplatz in Wien - 1.-3. Juli: Salzburg; WEF-Gipfel - 4.-8.7. Petisovci/Slowenien, Grenzcamp - ca. 10.-16.7 Kärnten - 19.-22.7. Genua/G8-Gipfel - 27.7.-5.8. Flughafen Frankfurt, GrenzcampVorbereitungstreffen bis zur Abfahrt jeden Dienstag, 18.30 Uhr in der BG Schottengasse 3a/1/59, 1010 Wien
>>>E-mail: noborder@no-racism.net

Carnival Caravan
Die Carnival-Caravan ist ein sich bewegender Karneval, eine Gemeinschaft von Individuen, die sich gegen den globalen Kapitalismus richten. Ein Versuch, den Rythmus des Widerstandes auf einer Tour durch Europa zu tragen, zu den Treffen der selbsternannten globalen Eliten. Das Schaffen einer Karnevalatmosphäre mit lauten Trommeln und Kostümen soll vermeiden, dass die Atmosphäre auf Demos durch Polizei und Sicherheitskräfte diktiert wird.Ende Juni ausgehend von London zum Grenzcamp nach Tarifa (2.-9.7), anschliessend über Squats in Spanien nach Genua (19.-23.7).

Bordersounds-Tour
August: Ausgehend von Genua entlang der Schengen-Ostgrenze bis nördl. Deutschland/Polen

25. bis 27. Juni 2001 - Barcelona
Ursprünglich sollte an diesen Tagen die jährliche Tagung der Weltbank stattfinden. Grund für die Absage waren die zu erwartenden heftigen Proteste. Barcelona hat übrigens um die hundert besetzten Häuser, von denen viele akut von Räumungsbedroht sind.
Mobilisiert wird jetzt trotz allem verstärkt. Die Weltbank, die eine der Haupttriebkräfte in Richtung neoliberale Globalisierung ist, wird trotzdem ihre Entscheidungen treffen. Wenn nicht in Barcelona, dann woanders oder im Internet. (Siehe dazu auch TATblatt +166 und den Beitrag zur Online-Kampagne gegen die Lufthansa)
16-21. Juni: Woche zur Intensivierung von lokale Aktionen, mit Schwerpunkt auf den 16. als Tag zur EU als Agent der wirtschaftlichen Globalisierung (siehe Göteborg)22-23. Juni: Gegengipfel23-24. Juni: traditionelles Spanisches Fest - eine Nacht zum Feiern des Widerstandes24. Juni (mittags): Großdemo mit feierlichen Charakter(nachmittags): Bevölkerungs-Tribunal vor der Börse. Sammlung von Klagen und Gericht zur WB, Multis und restlichen Institutionen, die den Kapitalismus vorantreiben24-25 Juni: "Abendmahl" bei, bzw. in der Börse mit Fiesta und Camping vor der Börse. Eine Führung durch die Börse für 20.000 Menschen soll organisiert werdenab den 26.6.: Aktionen....

1. bis 3.7. - Salzburg WEF-Treffen
Nach Davos, Cancun und Durban tagt das World Economic Forum vom 1. bis 3. Juli in Salzburg. Wie die Vergangenheit gezeigt hat, bleiben derartige Treffen der internationalen "Eliten" aus Wirtschaft und Politik nicht ohne Widerspruch28.6. bis 3.7. Aktionstage und Tage des zivilen Ungehorsams in SalzburgSa, 1.7.2001, 16.00 Uhr: Demonstration (Salzburg Hauptbahnhof)

4.-8. Juli 2001, Grenzcamp in Petisovci, Slowenien
Während die EU auf die wirtschaftspolitische Elite Sloweniens Druck ausübt, Migration zu unterbinden, versucht der slowenische Staat die Migrationsproblematik ausschließlich mit repressiven und gewaltsamen Mitteln zu lösen. Das Schicksal der MigrantInnen liegt somit allein in den Händen der Polizei. Diese praktiziert jedoch eine "Zero Tolerance"-Politik und versucht damit zu verhindern, dass MigrantInnen auf slowenisches Territorium gelangen. Zu diesem Zweck hat Slowenien eine große Einsatzgruppe gebildet und an der südlichen und süd-östlichen Grenze zu Kroatien und Ungarn stationiert. Angesichts ständiger Schikanierungen von MigrantInnen und der lokalen Bevölkerung begannen sich letztere zu organisieren, um Flüchtlingen über die Grenze zu helfen. Die Schubgefängnisse, in die festgenomme MigrantInnen gebracht werden, sind überfüllt und die Zustände lebensunwürdig. Zusammen mit einer medialen Hetzkampagne, die MigrantInnen als Kriminelle und KrankheitsüberträgerInnen denunziert, führte diese Praxis zu einer Zunahme der Konflikte zwischen der lokalen Bevölkerung und den MigrantInnen was wiederum zu einer Welle von Ausländerfeindlichkeit in Slowenien führte.

5.-12. Juli 2001 Grenzcamp in Krinki, Polen / Bialystok, Weissrussland
Um auf die strengen Maßstäbe, welche die EU den Beitrittskandidatinnen in Bezug auf Migration aus weiter östlich liegenden Staaten abverlangt, sowie dem Aufkommen von Rassismus und Nationalismus in Ost- wie in Westeuropa aufmerksam zu machen, findet an der polnisch-weißrussischen Grenze ein Camp statt. Die praktizierte Grenzpolitik verhindert, dass tausende Menschen arbeiten, Freunde und Familie besuchen oder einfach Urlaub machen können. Stoppt die Festung Europa! Bewegungsfreiheit für alle Menschen!

20. bis 22. Juli 2001, Genua, G8-Gipfel
Hinter der Bezeichnung "G8" verbergen sich die mächtigsten Länder der Welt (Deutschland, England, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Russland und die USA) deren Treffen in Abstimmung mit der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), dem Internationalen Währungsfont (IWF), der Weltbank (WB) und der Weltwirtschafts Organisation (WTO) stattfinden. Die von diesen Staaten angewandte und in alle Welt exportierte Politik der Diktatur des freien Marktes ist hauptverantwortlich für die zunehmende Schere zwischen reichen und armen Ländern sowie zwischen verschiedenen Bevölkerungsschichten.Genua wird voraussichtlich der größte Protest, den wir in letzter Zeit erlebt haben. Politischer Hintergrund: Italien hat eine soziale Bewegung mit Kontinuität aus der Vergangenheit. In Italien gibt es zwischen 300-400 selbstverwaltete soziale Zentren, in denen verschiedene Zusammenhänge konvergieren und sich organisieren. Seit Mitte der 90er-Jahre hat der zapatistische Diskurs viel Einfluss gehabt. Das Ya Basta Netzwerk und die Aktionsform "tute bianche" sind Ergebnisse davon...Erwartet werden allein aus Italien etwa 80.000 Menschen. Problematisch wird, dass etwa eine Woche vor Beginn des Treffens die Stadt hermetisch abgeriegelt sein wird. Seit etwa einem Jahr herrschen in der Stadt erhöhte Sicherheitsvorkehrungen.Es wird dazu aufgerufen, bereits auf der Fahrt nach Genua massiven zivilen Ungehorsam zu leisten und das Recht auf Bewegungsfreiheit zu fordern.ab dem 1. Juli: Irgendwo 100 km von Genua entfernt: Vorbereitungscamp (direct action training....)
ab dem 15 Juli: Camps in Genua selbst 15.-21. Juli: Öffentliches Forum (Debatten/workshops....) 19. Juli: MigrantInnen Tag: große Demos zur Unterstützung von Flüchtlingen (besonders "illegalen") 20. Juli: Beginn der Blockade-Aktionen (zu Land und auf dem Meer, es gibt Gerüchte, wonach die Delegierten per Kriegsschiff einschippern wollen)21. Juli große Bündnisdemo (UnterstützerInnen von Autonomen Zentren über Parteien bis hin zu Gewerkschaften)

16.-27. Juli 2001, Weltklima-Gipfel in Bonn, Deutschland
Auf der Weltklimakonferenz in Bonn vom 16.-27. Juli soll das Kyoto-Protokoll, dass eine CO2-Reduktion von 5,2% ab 1990 bis zu den Jahren 2008-2012 vorsieht, ratifizierbar gemacht werden. Die Ankündigung der USA und Australiens, das Protokoll aufgrund wirtschaftlicher Interessen nicht zu ratifizieren, lösten bereits internationale Proteste aus. Dabei stellt das Kyoto-Protokoll nur einen Minimalkonsens dar, der bei weitem nicht ausreicht, den globalen Klimawandel aufzuhalten. Wie beim letzten Klimagipfel in Den Haag mobilisieren Gruppen und Organisationen aus vielen Ländern zur Weltklimakonferenz. Nicht zuletzt, weil zu diesem Zeitpunkt Genua stattfindet, wird von der Linken in Deutschland jedoch kaum nach Bonn mobilisiert.

ab 15. Juli - Rußland, Sommercamp
Von Juli-August 2001 wird die radikale Ökobewegung "Rainbow Keepers" in Wotkinsk, Udmurtien mit Unterstützung des Sozial-ökologischen Bundes und des Bundes für chemische Sicherheit eine Reihe von Protestaktionen gegen den Bau einer Anlage zum Verbrennen von Raketentreibstoffen in Wotkinsk (Udmurtien) gegen Lockheed Martin Raketentreibstoffwerkdurchführen.Beginn der Aktionen ist am 15. Juli 2001. Am 1. August findet eine regionale Konferenz von PGA (Region Eurasien) statt. Etwa am 4. August gibts eine Konferenz der "Rainbow Keepers".

27. Juli - 5.8., Flughafen Frankfurt/Main
Die Herausforderung dieses Grenzcamps ist zu zeigen, dass ein radikaler Widerstand gegen den neo-liberalen Rassismus moderner Anti-Migrationspolitik existiert - und zwar auch im "reichen, weltoffenen, multi-kulturellen" Rhein-Main-Gebiet. Neben antirassistischer und antikapitalistischer Interaktion mit jenen, die von dieser Gesellschaft ausgeschlossen sind, kommt dem Camp auch "intern" eine wichtige Rolle zu: es steht für die Herausforderung und auch Schwierigkeit politischer Zusammenarbeit. Mit 500 bis 1.000 TeilnehmerInnen pro Jahr haben sich die Camps von kein mensch ist illegal zu einem wichtigen Treffpunkt entwickelt. Weil sich das Camp aus einer Vielzahl an heterogenen Hintergründen und Perspektiven zusammensetzt, sollen auch Fragen wie Minimalkonsens, unterschiedliche Positionen und Aktivitäten diskutiert werden.

28.7.-5.8., Sommercamp im Wendland
Seit nunmehr fünf Jahren versammeln sich unverbesserliche UtopistInnen von nah und fern im Wendland. Der gesellschaftliche Istzustand (normal ist normal ist normal) wird für die 9 Tage vom 28. Juli bis 5. August gegen eine selbstorganisierte Basisdemokratie eingetauscht! Was können wir konkret dagegen tun? Was verbirgt sich überhaupt hinter dem "neuen" globalen Kapitalismus? Was hat das für Folgen? Fragen, Hintergründe und Kritik - all das will in gemeinsamen Arbeitskreisen bearbeiten werden. Köpfe rauschen, den Gedanken lauschen, Sachen machen, Hopsen, Singen, ins Wasser und auf Bäume springen. Meditieren und Theater inszenieren. Das Camp lädt auch alle Kinder ein, die ihre Eltern mitbringen können, nicht aber Hunde, um eine entspannte und kindgerechte Umgebung zu schaffen. Kinderbetreuung am Tag wird von allen gemeinsam organisiert, so dass Eltern auch mal nicht nur Eltern zu sein brauchen.

umfangreiche Linklisten und Informationen zu den einzelnen Ereignissen gibts im Internet unter >>>
http://www.no-racism.net/nobordertour
http://www.tao.ca/~ridefree/summithop
http://www.noborder.org
http://de.indymedia.org/2001/05/2575.html
http://www.protest.net
http://www.gipfelsturm.net
http://www.aktionsinfo.de/radikalreise
http://www.indymedia.org
 

aus TATblatt Nr. +167/168 vom 15. Juni 2001
 
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