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zum verlauf der opernballdemo

by conni 1:03pm Fri Feb 8 '02 (Modified on 1:43pm Sat Feb 9 '02)

die genaue route, die taktik der polizei, die vorübergehende einkesselung und alles, was ihr schon immer über die opernballdemo 2002 wissen wolltet-ein unvollständiger bericht.

ich hab den verlauf der demo nur von außerhalb der demo mitbekommen, versuch aber trotzdem ein paar wichtige punkte nachzuvollziehen, weil es helfen kann, die taktik der polizei besser zu verstehen und aus unseren demo-fehlern zu lernen.

Ich muß im vorhinein schon sagen, daß ich von verletzten demo-teilnehmerInnen nichts mitbekommen, was aber keinesfalls heißt, daß es keine gegeben hat. Der folgende bericht ist also keinesfalls komplett oder richtig (kann auch sein, daß ich mich mit straßennamen geirrt habe-in dem fall, bitte ausbessern), sondern nur ein subjektiver eindruck.

Aber jetztlos:

Mit der üblichen verspätung setzt sich der demozug (rund 1000 leute) vom ballhausplatz in richtung ring in bewegung. Die demonstratInnen biegen rechts ein, gehen ein stück den ring entlang und dann links weg über den schmerlingpark auf die 2-er-linie,also die landesgerichtsstraße. Dort gerade aus bis zu landesgericht, wo ein teil der demo (die donnerstagsdemonstratInnen), ihre mit der polizei vereinbarte route in die garnisongasse fortsetzt. Und dort hab ich den überblick über die do-demo verloren.

Die opernballdemo biegt nach dem LG rechts in die universitätsstraße ein (schätzungen zufolge 700-800 leute), dort geht's runter bis zur uni, wo die polizei gleich den lueger-ring sperrt, damit die demo nicht über den ring zurück zur oper gehen kann. Nach einigem herumstehen bei der u-bahnstation wird zum teil in die schottengasse eingebogen, dann geht's aber nach noch mehr herumstehen wieder zurück die universitätsstraße hinauf und links in die landesgerichtsstraße rein. spätestens hier bekommt die polizei ein bißchen streß, weil scheinbar ein paar demonstrantInnen seitengassen genommen haben und über ebendorfer-, grillparzer-, rathausstraße gegangen sind, bis sich schlußendlich wieder alle auf der 2-er-linien bzw. später dann dem f.schmidt-platz vereint haben. Dort wurde einige zeit herumgestanden, wobei sich ein kleiner teil der demo (30-40 leute)über die schmidtgasse in die lenaugasse aufmacht, wo der verkehr blockiert wird und sich einige auf die straße setzen. Die gestreßte polizei kommt mit ihrer hundestaffel.

Währenddessen hat sich bei der polizei scheinbar eine ansprechpartnerin aus der demo gemeldet,die über den weiteren verlauf verhandelt. Raus kommt dabei, daß die demo richtung kärntnerstraße weiterziehen darf, relativ nahe an der oper vorbei. Aber hier zeigt sich wieder mal wie wenig es bringt sich als sprecherIn der demo auszugeben, weil sich die demo entschließt einen anderen weg zu nehmen und von der 2-er-linien in die babenberger- und dann nibelungenstraße einbiegt, was die polizei etwas überrascht. Hier war für mich dann nicht mehr ganz nachvollziehbar wie die strecke verlaufen ist, jedenfalls hat sich die demo schließlich auf dem kärntner ring eingefunden, wo noch rund 300 leute, dabei waren. Vor dem ana-grand-hotel wurden dann wohl offensichtlich ein paar feuerwerkskörper verpulvert und irgendwas in brand gesteckt, was aber keinen großen schaden anrichtete. Vermehrt mischt sich zivilpolizei unter die demonstrantInnen um überblick zu behalten. Da muß es auch irgendwo passiert sein, daß ein polizist der wega durch reizgas im gesicht verletzt wurde.

Der eingesetzte hubschrauber beleuchtet die szene von oben. Wenn ich mich nicht täusche ging es dann über die akademiestraße und über die krugerstraße in die kärtnerstraße, wo sich die demo im laufschritt aber scheinbar ziellos fortbewegt und dann irgendwo stehenbleibt. die polizei nützt die zeit um die absperrungen rund um die oper noch ein bißchen zu verstärken, weil sie befürchten, daß die demo die richtung ändert und zurück in richtung oper geht. Das passiert auch und die verbliebenen 150-300 leute (verschiedene angaben) biegen in die fürichgasse ein, wo sie an einer Absperrung anstehen. Spontan beschließt die polizei am hinteren teil der demo nachzurücken um die fürichstraße von hinten ebenfalls abzusperren und so die opernballfeindInnen einzukesseln. Mit einigem streß gelingt das, aber die absperrung von hinten ist nur schwach und es befinden sich noch einige leute außerhalb des kessels. Als die eingekesselten ihre lage realisiert haben beginnen sich einige scheinbar recht vehement zur wehr zu setzen, es fliegen einige pflastersteine und holzpflöcke in richtung polizei und die wega-einheit, die die fürichtgasse nach hinten richtung kärntnerstraße absperrt wird auch von außerhalb des kessels angegriffen.

Dabei wurden wohl auch zwei wega-beamte verletzt, weil sie lack ins gesicht bekommen haben. Sie werden dann von kollegen abgeholt. Die polizei sucht nach dem vermeinlichen täter. Wegen der massiven gegenwehr der aktivistInnen kann die polizei den kessel nicht halten, die verstärkung ist offensichtlich zu langsam und so muß der kessel wieder aufgegeben werden und die demo zieht in richtung kärtnerstraße und danach albertina ab. Durch diverse absperrungen aufgehalten bewegt sich der verbliebene rest (rund 100 menschen) wieder in die kärntner straße, wo beim stephansplatz ahnungslos herumgestanden wird. Die polizei nützt abermals die zeit, um ihre kräfte zum teil auszutauschen und sich am stock-am-eisen-platz zu sammeln. Hier auch irgendwo kam es laut indymedia-berichten zur überwältigung und verhaftung von zwei personen. Ich hab nur mitbekommen, daß es eine auseinandersetzung gab, bei der eine flasche geschmissen worden sein soll und worauf mindestens eine person perlustriert und daraufhin angezeigt worden ist.

Danach hab ich den kontakt zur demo verloren und weiß somit nichts mehr über den weiteren verlauf.

Alles in allem ist zu sagen, daß die routentrennung der do-demo und der opernball-demo nicht so schlimm war, wie von vielen im vorfeld befürchtet, weil gar nicht so wenig leute an der opernball-demo teilnahmen. Die polizei hat sich meines erachtens ziemlich zurückgehalten. Wäre das anders gewesen, wäre die demo wahrscheinlich ausgeliefert gewesen, weil es weder blockbildung noch irgendwelche formierung innerhalb der demo gab und sie so jederzeit von (fast) allen seiten angreifbar gewesen wäre.

 

kleine ergänzung

by ein friedlicher demonstrant 1:43pm Sat Feb 9 '02

zuerst freue ich mich, daß es gelungen ist, von demonstrantInnen-seite im unterschied zum letzten jahr eine gewaltfreie demo zustande zu bringen (auch wenn z.b. in einem kurier-artikel von gewalttätigen ausschreitungen von "150 chaoten", die alle mit pflastersteinen geworfen haben sollen, die rede war - überhaupt war dieser artikel eher auf krone-niveau). ich muß sagen, daß ich nach längerem überlegen bei der teilung in zwei demozüge, mich entschieden habe, mit der "klassischen" donnerstagsdemo zur volksoper zu gehen (route: garnisongasse - schwarzspanierstraße - währinger straße - rund um die volksoper). nachdem diese demo (ca. 100 leute in der endphase) gegen viertel zehn mit einer rede zum thema polizeigewalt zu ende gegangen war (und dem versuch eines passanten, via megaphon gegen schwarze drogendealer zu hetzen, worauf ihm dieses friedlich, aber bestimmt entzogen wurde), gab es das angebot, die demo im wuk ausklingen zu lassen (mir ist aber nicht bekannt, inwieweit dieses angenommen wurde). ein teil der leute ging nach hause, viele aber machten sich (so wie ich) auf den weg richtung opernballdemo, um sich dieser anzuschließen (was in meinem fall am karlsplatz geschah). die demo stand dann gegen bzw. kurz nach 22 uhr eine längere zeit im außerhalb des rings gelegenen teil der kärntner straße, ging dann weiter über lothringer straße und schwarzenbergplatz auf den kärntner ring bis zur absperrung höhe akademiestraße (also viel näher zur oper als letztes jahr, als die absperrung ja bekanntlich schon am schwarzenbergplatz war und durch die polizei damals unter einem massiven prügeleinsatz verteidigt worden war). nach einem längeren verweilen nahe des ana grand hotels ging es dann den ring wieder zurück, dann in die schwarzenbergstraße und (nach einem erfolglosen versuch des vorderteils der demo, in die mahlerstraße einzubiegen) in die krugerstraße und über die kärntner straße in die führichgasse. bis zu diesem zeitpunkt war die demo seitens der demonstrantInnen vollkommen friedlich verlaufen. als die demospitze am ende der führichgasse bei der absperrung zum albertinaplatz stand, zog am anderen ende der gasse plötzlich ohne grund und vorwarnung die wega auf und kesselte die demo ein (nicht die ganze, ein teil stand noch in der kärntner straße). mangels seitengassen handelte es sich um eine echte einkesselung von vielleicht 100-200 leuten. die demospitze erkannte erst, als sie richtung kärntner straße umkehren wollte, was passiert war. nun stand die wega an der ecke kärntner straße/führichgasse zwischen den beiden demogruppen, von denen eine eingekesselt war. einige versuchten einzeln oder in kleingruppen hinten bei der absperrung zum albertinaplatz herauszukommen, doch nur, wenn man der polizei glaubwürdig versichern konnte, nicht der demo angehört zu haben, gelang es. nachdem ich es dann irgendwie doch schaffte, herauszukommen, kann ich über den weiteren demoverlauf nichts sagen. ich muß aber sagen, daß ich dafür, daß manche leute in der panik vielleicht überreagiert haben, ein gewisses verständnis habe. die einkesselung war vollkommen unnötig und grundlos.

aus TATblatt Nr. +182 vom 21.Februar 2002

 
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