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Infoladen Graz

Am 21.4.02 wurde im Rahmen eines Kunstprojektes der Infoladen "bewegungsmelder" in der Jakoministraße 32 eingerichtet. Dieser soll "zu Aufklärung und Weiterbildung bzw. zum Informieren über politische Bewegungen und deren Aktionen dienen". Auch sollen Themen wie Anarchismus, Tier- und Menschenrechte, Antifaschismus/ Antirassismus, Feminismus, Veganismus, (Sub)kultur, Globalisierung und Gegenbewegung, sowie Demonstrationen im allgemeinen bis Repressionen, Rechtslage und Knast und vieles andere ausgiebig behandelt werden. Die Informationen erfolgen über Internet, Bücher, Zeitschriften, Diskussionen, Flyer, Videos etc. Der Laden soll auch zu einer Vernetzungsmöglichkeit für verschiedene linke Gruppierungen werden, welche ihn als Anlaufstelle, Treffpunkt und für Plenas nützen können.

Programmpunkte:

Bücherei (Verleih und Leseecke)
Infowände
Sitzecke für Diskussionen und Treffen
Videos/TV
Radio
Internet
vegane Vokü
Sonder- Thementage/-abende
gegebenenfalls weniger/mehr, wenn manches nicht möglich

Da dieses Projekt im Moment nur beschränkte Zeit (zw. 2&6 Wochen) möglich ist, sollte in kurzer Zeit soviel wie möglich zustande kommen: Bücher, Lebensmittel und vieles mehr muss vorgekauft werden. Internetkosten usw. müssen gedeckt werden...
Deshalb und weil es sich um eine Non-Profitsache handelt, sind wir auf Solispenden, -konzis, -aktionen, -partys angewiesen. Auch rufen wir zu Sachspenden und Leihgaben von Büchern und anderen Materialien sowie helfenden Händen auf.

Contact: BEWEGUNGSMELDER@GMX.NET

Der Infoladen wird von 20.4. bis einschließlich 10.5. in der Jakoministr. bleiben, danach wir der ins "Sub" am Kaiser Franz Josephs Kai übersiedeln, wo er mit eingeschränkten Öffnungszeiten vorläufig eine Bleibe gefunden hat. Die aktuellen Öffnungszeiten sind von 10-21 Uhr, mit Einschränkungen, die vermutlich mit Aushang bekantgegeben werden.

Im Infoladen werden auch erste Veranstaltungen stattfinden. Am 4. Mai ein Tierrechts-Info Abend, am 10. Mai ab 17.30 ein Israel-Palästina Workshop.

Das M.E.K. besuchte am Abend des 26.4. den der erst seit knapp einer Woche bestehende Grazer Infoladen (Jakoministr. 32) bereits zum ersten Mal. Im Zuge der Amtshandlung unter dem Vorwand einer mutmaßlichen Rauferei wurden Personen am Verlassen der Räumlichkeit gehindert, sowie die Personalien mehrerer MitarbeiterInnen notiert. Dienstnummern wurden erst nach mehrmaligen intensiven Aufforderungen und auch nur widerwillig bekannt gegeben. Das Vorgehen der PolizistInnen kann wohl als Einschüchterungsversuch gedeutet, der Tonfall bei der Amtshandlung als provokativ und beleidigend eingestuft werden.

Mayday Graz

Am Dienstag, den 23. April, fand vor dem UVS Steiermark die Berufungsverhandlung wegen der Protestaktion gegen den Auftritt des CDU-Politikers Edmund Stoiber statt. Am 6. Oktober 2000 hatte eine Gruppe junger Leute mit einem Transparent und ein paar Sprechchören am Grazer Hauptplatz demonstriert, was damals zu einem brutalen Polizeieinsatz und mehreren Verwaltungsstrafen führte.

Nach einer mehrstündigen Verhandlung gegen acht Berufungswerber verkündete der 3er Senat des UVS (Anmerkung: vergangene Woche) mündlich seine Entscheidung: Während die Anzeige der "Ordnungsstörung" wegen angeblichen Hineindrängens fallengelassen wurde, wurden alle Angezeigten wegen "Lärmerregung" durch Sprechchöre verurteilt (obwohl eine Tonbandaufnahme den völlig störungsfreien Verlauf der Stoiber-Veranstaltung belegt!). Doch das wirklich Unfassbare: Der UVS Steiermark qualifizierte die Äußerung "Stoiber ist ein Rassist!", die fast alle zugegeben hatten, als Anstandsregelverletzung.

Begründung: Die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sei in diesem Fall nicht anzuwenden, da es auch auf Ort und Umstände der politischen Äußerung ankomme. Die Äußerung "Stoiber ist ein Rassist!" habe das "sittliche Empfinden der ÖVP-Symphatisanten" verletzt. Dabei hatten die BerufungswerberInnen sogar Zitate von E. Stoiber zu Protokoll gegeben (wie: er wolle keine "Gesellschaft auf deutschem Boden", die "durchmischt und durchrasst ist").

Anfang Mai startet eine umstrittene "Bürgerwehr" als PilotInnenprojekt der Grazer FPÖ. Um das "Drogenproblem", bzw. das "Problem" des offenen Dealens vor Schulen in den Griff zu bekommen, sollten Patroullien von je zwei Bürgern (ob auch Frauen für den Dienst zugelassen sind, war die jetzt nicht recherchierbar) mit Handys und Videokamera ausgerüstet Dealern vor Schulen das Leben schwer machen.

Vorläufig soll eine Schule von insgesamt 4 Aktivbürgern, vorerst nur FP-Funktionären,  bis zum Sommer überwacht werden. Wie es dann weitergeht ist ungewiss. Der Obmann der Bürgerwehr, die in einem Verein organisiert ist, ist übrigens Helge Endres, ein Oberst des Bundesheeres.

Die Direktorin der "auserwählten" Schule am Lendplatz hat auf jeden Fall keine so rechte Freude mit der Bürgerwehr, allerdings wohl weniger aus grundsätzlichen Überlegungen, als aus Sorge um das Image ihrer Schule: "Ich verstehe das nicht ganz, denn laut Auskunft der Polizei sind unsere Schüler nicht mehr Drogen ausgesetzt als Schüler anderer Schulen."
Nun formiert sich auch Widerstand gegen dieses Projekt: vor allem SPÖ und ihre Vorfeldorganisation AKS machen gegen dieses Projekt mobil. Bis jetzt wurden über 10.000 Unterschriften gegen die geplante Bürgerwehr gesammelt, Anti-Bürgerwehr-Aufkleber und Broschüren verteilt, eine Demo gegen die Bürgerwehr organisiert und es ist eine verfassungsrechtliche Überprüfung des Projekts durch das Bundeskanzleramt geplant.
Auch Polizeidirektor Franz Stingl steht diesem Projekt skeptisch gegenüber. Er befürchtet mit der Truppe und mit dem Einsatz von Videokameras könne ein zusätzliches "Konfliktpotenzial" entstehen. Ein weiteres Problem stellen wohl Polizistinnen dar, die ihren Beruf so sehr lieben, dass sie in ihrer Freizeit unbezahlt und ehrenamtlich weiter VerbrecherInnen jagen wollen.

Die Diskussion mit all ihren rassistischen Entgleisungen rund um das Thema ist eigentlich fad und ohne jegliche Überraschungen. Die SPÖ spricht sich in erster Linie für die Nachbesetzung von über 100 Dienststellen bei der Polizei aus. Die FP-Stadträtin Uray-Frick sieht ihre E-Mail Adresse mit Protestmails gegen die Bürgerwehr gespamt, und zwar "aus den gesamten deutschen Sprachraum", die Diktion erinnert sie "stark an jene Formulierungen, die von linken Kreisen im Rahmen der EU Sanktionen verwendet wurden."
Die FPÖ versucht anscheinend die Bundesregierung bei ihrem Null-Defizit durch diese Privatisierung zu unterstützen. Was bei der Privatisierung von Sicherheitsdiensten an Aufträgen abfällt, kommt sicherlich auch dem Initiator der Bürgerwehr, FPÖ-Gemeinderat Alexander Lozinsek gelegen: er betreibt eine Privatdetektei.

Bereits seit Herbst 2001 hat die FPÖ ein "Kopfgeld" auf DealerInnen ausgesetzt, jedeR BürgerIn, die einen zweckdienlichen Hinweis gibt soll 400 Euro bekommen. Seit der Einführung des Kopfgeldes wurden bereits 150 Hinweise an díe Exekutive weitergeleitet, allerdings erfolglos: das "Kopfgeld" wurde bis jetzt kein einziges mal ausbezahlt.

 

aus TATblatt Nr. +186 vom 2. Mai 2002

 
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