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Philosemitismus in Salzburg Teil 3,
eine unendliche Geschichte

Vorgeschichte (TATblatt >>Nr +181;>> +183): Der Künstler Wolfram Kastner hat zwei Tage nach der Enthüllung einer Theodor-Herzl Gedenktafel das darauf befindliche Zitat vervollständigt. Das Landesgericht Salzburg leitete daraufhin ein Verfahren wegen schwerer Sachbeschädigung ein. Das Zitat lautet: "In Salzburg brachte ich einige der glücklichsten Stunden meines Lebens zu..." Ergänzung Kastners:"...ich wäre auch gerne in dieser schönen Stadt geblieben, aber als Jude wäre ich nie zur Stellung eines Richters befördert worden."

Die Peinlichkeiten rund um das sinnentstellte Herzl-Zitat und sein gerichtliches Nachspiel scheinen auf absehbare Zeit kein Ende zu nehmen. Landesrat Ottmar Raus (SPÖ) kritisierte in einem Brief an LH-Stv. Wolfgang Eisl (ÖVP), ein gerichtliches Vorgehen gegen KünstlerInnen solle so weit wie möglich vermieden werden. Er appellierte die gerichtliche Verfolgung zu stoppen und eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen. Andererseits verstehe er auch das Anliegen der Liegenschaftsverwaltung, stellt dem aber das "geistige Klima im Land Salzburg" gegenüber. Salzburg habe sich besonders der Kultur verschrieben, viele AkteurInnen würden bewusst das Mittel der Grenzüberschreitung wählen, was später oft durchaus positiv gesehen würde. Jedoch stellte Raus auch unmissverständlich klar, dass dies keinen Freibrief zu Gesetzesverletzungen für Kunst und Kultur bedeutet. Eisl konterte ebenso unmissverständlich: "Die Beschädigung eines denkmalgeschützten Gebäudes ist ein Offizialdelikt. Und das ist von amtswegen von der Staatsanwaltschaft zu verfolgen. Das Land Salzburg hat überhaupt keine Möglichkeit, dieses Verfahren einzustellen. Jemand, der ein Gebäude beschmiert, ist in meinen Augen ein Schmierfink, egal, ob es sich dabei um einen Angestellten handelt oder um jemanden, der irgendwo im Ausland eine Professur innehat."
Die Grünen blieben auch nicht untätig: sie boten an, den Schaden von 145 Euro (ca. 2000 ÖS) zu bezahlen, wenn dafür das Land die Anzeige gegen Kastner zurückzieht, was Eisl ebenso ablehnte wie die Landtagsfraktionen von ÖVP, SPÖ und FPÖ einen Antrag der Grünen auf die vollständige Wiedergabe des Herzl Zitats.
Dass es in Salzburg mit Gedenktafeln nicht immer allzu genau genommen wird, zeigen auch die zwei Gedenktafeln am Haus in der Steingasse Nr. 9, die dort den Geburtsort des Textdichters des Liedes "Stille Nacht! Heilige Nacht!" verorten. Seit spätestens 1998 ist es offiziell, dass sein Geburtsort unbekannt ist. Seine Mutter hat mit ihm allerdings um 1794 in der Steingasse Nr. 31 gewohnt - ob dort eine Gedenktafel angebracht ist, konnten wir leider nicht recherchieren.

Quellen: diverse bürgerliche Medien

aus TATblatt Nr. +186 vom 2. Mai 2002

 
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