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    Widerstand gegen die Asylgesetznovelle 2003.

War es lange ziemlich ruhig um die geplanten Verschärfungen durch die Asylgesetznovelle 2003, so kam es kurz vor Beschlussfassung doch noch zu einigen Protesten und Initiativen, die darauf abzielten, die Gesetzesnovelle zum Fall zu bringen. Hier eine Aufzählung - ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

TATblatt.

Am Dienstag, 21. Oktober versammelten sich ab 16:00 Uhr 33 Personen zu einer Kundgebung gegen die AsylG-Novelle 2003 direkt vor dem Parlament in Wien (auf der ansonsten bei Demonstrationen gesperrten Rampe). Die Polizei war ein wenig verwirrt und wusste nicht, worum es ging. Es gab anfangs auch keine passenden Transparente, bis schließlich die Botschaft "Fluchtweg freihalten" entrollt wurde. Um 17:15 löste sich die Kundgebung dann wieder auf.

"Rathausplatz am 22.10.03 um 7:09:59:
Finstere Gestalten schleichen herum auf der Suche nach der nicht-schon-? vorhandenen Demo. Über mystische Wege finden sich mit der Zeit ca. 15 Menschen, um die menschenverachtende Asylpolitik der österreichischen Bundesregierung öffentlich sichtbar zu machen. Im Rahmen dieser Aktion-Demonstration wurden Flugis an autofahrende PasantInnen verteilt, welche diese meist in der Wartezeit vor der Ampel auch lasen und in den seltesten Fällen wegwarfen. Relativ schnell waren die vorhandenen Flugzettel verteilt, und somit bestand keine Notwendigkeit die über die Bannmeile wachenden Beamten von ihrem Morgenschläfchen abzuhalten. So leise wie wir kamen, gingen wir wieder, wenn auch die nächtliche [nicht zu verwechseln mit der geistigen] Finsternis uns nicht mehr umhüllte."

Am 23. Oktober, dem Tag der Beschlussfassung, kam es zu mehreren Protesten:

Frühstück mit Mandela.

Bei einem gemeinsamen Frühstück des südafrikanischen Ex-Präsidenten Nelson Mandela mit Bundeskanzler Wolfgang Schüssel im Hotels Sacher wurde versucht über die Asylgesetznovelle zu informieren. Ein Kundgebungsteilnehmer verlas die Botschaft an den Präsidenten auf Englisch. Die AktivistInnen sind von der Staatspolizei "gewaltsam" entfernt worden, im Hotelfoyer wurde einer von einem Beamten in Zivil in einen Würgegriff genommen, seine Personalien wie die eines zweiten wurden aufgenommen. Auf dem Transparent stand "Keine Chance für Mandela" was thematisierte, dass er in dem neuen Asylgesetz keine Chance gehabt hätte, als Flüchtling anerkannt zu werden.

Flugzettel an ParlamentarierInnen.

Vor der Nationalratssitzung besuchten einige ParlamentarierInnen die Dürer-Ausstellung in der Albertina. Einige AktivistInnen nutzten die Gelegenheit und verteilten kurz vor der Beschlussfassung (um ca 09:00 Uhr) Flugis an die ParlamentarierInnen.

"Abschiebezentrale Parlament".

Vor einem Seiteneingang des Parlaments wurde ein "Abschiebezentrum" errichtet. Rund 30 "Einsatzkräfte" der Aktion Äußerste Sicherheit unterzogen die Nationalratsabgeordneten einem "Strasserschen Asylverfahren". Beim Betreten des Parlaments wurden die Abgeordneten zum Ausfüllen von Asylanträgen aufgefordert, die der Gesetzesnovelle entsprachen. Zudem wurden Fingerabdrücke genommen und "biometrische Daten" gespeichert. Die Abschiebungen erfolgten noch während der Berufungsfrist, ein nachträgliches Vorbringen von Asylgründen war wegen des Neuerungsverbotes nicht möglich.

Kundgebung vor dem Parlament.

Vor dem Parlament demonstrierten die Volkshilfe, das Integrationshaus und andere Menschenrechtsgruppen, sowie die Parteijugend der SPÖ. Auf einem Transparent war ein Zitat des früheren SP-Bundeskanzler Bruno Kreisky aus dem Jahr 1938 zu lesen. "Wenn Sie mich jetzt zurückschicken, liefern Sie mich den Leuten aus, denen ich gerade entkommen bin", sagte Kreisky damals nach seiner Flucht vor dem NS-Regime. Das Integrationshaus war mit Sprüchen wie "Asyl in Lebengesfahr", "Es gibt Verantwortliche für diesese Gesetz" und "Verhindert das Asylgesetz" vertreten.

Transparent im Parlament.

Während der Rede von Innenminsiter Strasser im Rahmen der beschlussfassenden Sitzung im Nationalrat wurde ein Transparent mit der Aufschrift "Abschiebezentrale Parlament!" im ZuseherInnenraum des Parlaments ausgerollt. Diese Aktion war fuer alle ParlamentarierInnen sichtbar, und wurde live im ORF-Fernsehen übertragen, in späteren Nachrichtensendungen jedoch verschwiegen. Die AktivistInnen wurden rasch vom Sicherheitspersonal entfernt.


Kurz vor Beschlussfassung kam es noch zu einige Initiativen gegen die AsylG-Novelle 2003:

So verfassten einige WissenschaftlerInnen einen Appell an den Innenminister, in dem sie diesen aufforderten, "diesen Entwurf zurücknehmen und eine Reform vorzubereiten, die sachlich angemessen ist, rechtsstaatliche Prinzipien beachtet und jenen, die in Österreich Schutz suchen, ein faires Verfahren garantiert."

Die Volkshilfe startete am 6. Oktober 2003 eine Kampagne für ein menschlicheres Asylgesetz und die ÖH Uni Wien startete eine Protestmailaktion gegen die Umsetzung der Asylgesetznovelle 2003 unter dem Titel: "Strassers Mailbox Fluten, gehört werden!" E-Mails können einfach über Webformular abgeschickt werden:
http://oeh.univie.ac.at/asyl_protest

SOS Mitmensch startete die Aktion "Notruf Asyl": "Bis zur Parlamentssitzung (...) rufen wir die Abgeordneten der Koalition telefonisch durch und bitten sie, den Entwurf des Gesetzes genau zu lesen, da es im parlamentarischen Alltag nicht üblich ist, dass alle MandatarInnen alle Vorlagen kennen." Die Tel-Nummer vom Parlament ist: 01/40110.

     

aus TATblatt Nr. +204 November 2003.

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