tatblatt.net __

 

     
     


Peta – Holocaust on your Plate.

Die amerikanische Tierrechtsgruppe Peta (people for the ethical treatment of animals), die als Kampagnen-Taktik auf die Verwendung kontroverser, schockierender Bilder und provozierender Sprüche setzt hat es wieder einmal geschafft für Wirbel zu sorgen.
Mit ihrer aktuellen, völlig untragbaren Kampagne – Holocaust on your plate/Holocaust am Teller – setzen sie, wie der Name unschwer erahnen lässt, den Holocaust mit der industriellen Vernutzung sog „Nutztiere“ gleich. Die Kampagne beinhaltet im wesentlichen die Gegenüberstellung von Bildern, die die Gräuel des Holocausts und  die grausame Realität von sog. „Nutztieren“ zeigt und diese gleichsetzen soll.

Wie zu erwarten, und von den InitiatorInnen wohl beabsichtigt, lies der Aufschrei einer brüskierten Öffentlichkeit nicht auf sich warten.
Es gab von vielen Seiten Kritik, die jedoch vor allem auf die Gleichsetzung von Menschen und anderen Tieren abzielt.
Nicht verfehlte Kritik kommt auch von Teilen der Tierrechts- bzw Tierbefreiungsbewegung, etwa von der Wiener Gruppe Bat (Basisgruppe Tierrechte), welche auch während der Präsentation der Kampagne in Wien Flyer verteilte: „Die Gleichsetzung des Holocaust mit der Ausbeutung und Ermordung von Tieren stößt aber auch in
Teilen der Tierbefreiungsbewegung auf entschiedene Ablehnung und Kritik, die sich allerdings im Unterschied zur dominanten öffentlichen Meinung nicht auf eine vermeintliche Minderwertigkeit tierlicher Individuen bezieht.
Parolen wie „Der Holocaust auf Ihrem Teller“ relativieren die nationalsozialistischen Verbrechen an JüdInnen, dem Holocaust wird durch diese Gleichsetzung die Singularität abgesprochen.
Aus einigen Bildern, die auf den ersten Blick ähnlich aussehen, wird eine Analogie konstruiert ohne die jeweils komplexen Hintergründe, die viele grundlegende Unterschiede deutlich machen würden, mit einzubeziehen. So wird beispielsweise der eliminatorische Antisemitismus als Ursache für den Holocaust völlig ausgeblendet.
[...]
Ein weiterer Grund für unsere Kritik an der Kampagne ist, dass PETA damit die Opfer des Holocausts zu Werbezwecken instrumentalisiert. Bei den gezeigten Bildern geht es nicht um jene Menschen, die darauf zu sehen sind, um ihr Leben vor dem nationalsozialistischen Terror und ihr individuelles Leiden und Sterben in den NS-Lagern, sondern die zur Schau gestellten Menschen werden benutzt um mittels Provokation die Aufmerksamkeit auf ein anderes Thema, nämlich die Gewalt Tieren gegenüber, zu lenken.“
Auf der Homepage der „Tierrechts-Aktion-Nord“ wurde eine Erklärung zur Peta-Kampagne mehrerer Tierbefreiungsgruppen veröffentlicht:“Doch nicht nur aufgrund des analytischen Unterschiedes und des faktisch falschen Vergleichs zwischen Shoah und Schlachthaus ist die PETA-Kampagne nicht tragbar. Wir leben in einer Gesellschaft, in der Antisemitismus aus den Köpfen der Menschen noch keinesfalls verschwunden ist, sondern sich in einem sekundären Antisemitismus manifestiert. Dieser zeigt sich in Deutschland vor allem in Form einer Verdrängung der Schuld, einer Relativierung der Geschehnisse während des Nationalsozialismus und in der modernen Tarnung des Antizionismus. Eine Instrumentalisierung des Holocaust aus werbestrategischen Gründen, wie sie PETA praktiziert, trifft auf genau diesen Boden und kommt dem deutschen Bedürfnis nach einer Entsorgung der Vergangenheit entgegen.„
Das Traurige an dieser Aussage ist, dass dieses Bedürfnis nach einer „Entsorgung der Vergangenheit“ wohl auch auf zahlreiche vermeintlich progressive  KritikerInnen der Peta Kampagne zutrifft, da deren Kritik oftmals elegant ausspart den Holocaust überhaupt zu erwähnen.
„Eine Kritik an den tierfeindlichen Verhältnissen dieser Gesellschaft sollte sich darauf konzentrieren, das Wesen von Tierausbeutung zu analysieren, anstatt ihre Phänomene zu vergleichen. Ziel der Tierbefreiungsbewegung muss stets auch eine umfassende Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse sein, mit dem speziellen Augenmerk auf die Verwobenheit des Speziesismus mit anderen Macht- und Herrschaftsformen. Als speziesistisches Grundprinzip sehen wir die dualistischen Konstruktionen von „der Mensch“ und „das Tier“ und die Zuschreibungen, die diesen scheinbar gänzlich unvereinbaren Kategorien anhaften.
So werden Gemeinsamkeiten negiert und Unterschiede überbetont. Diese Logik greift auf ein grundlegendes binäres Denkmuster zurück, das ein wesentliches Merkmal abendländischen Denkens ist. Dass diese Logik den gesamten Kulturkreis durchzieht, und deshalb in der Analyse mit anderen Herrschaftsformen zu verbinden ist, lässt sich an weiteren Dualismen erkennen, die in ihrer sozialen Konstruktion dem Mensch/Tier-Dualismus ähnlich sind und zum Teil auf ihn verweisen: Mann/Frau, Kultur/Natur, Vernunft/Instinkt, Geist/Körper, etc. Die Befreiung der Tiere aus dem gesellschaftlichen Unterdrückungsverhältnis bedeutet für uns eine grundsätzliche Kritik an ihrer Verdinglichung und die Beendigung ihrer Nutzung.
Die alltägliche Ausbeutung, Unterdrückung und Ermordung von Tieren durch die menschliche Gesellschaft spricht für sich selbst und bedarf keiner Skandalisierung. Ihre Abschaffung muss Grundbedingung einer wahrhaft emanzipierten Gesellschaft sein. Als Tierbefreiungsbewegung, die sich diesem Gedanken verpflichtet fühlt, lehnen wir PETAs Ansatz und den Vergleich mit dem Holocaust grundsätzlich ab.“


http://www.8ung.at/bat
http://www.tierrechts-aktion-nord.de


Zitat: „Ein weiterer Grund für unsere Kritik an der Kampagne ist, dass PETA damit die Opfer des Holocausts zu Werbezwecken instrumentalisiert. Bei den gezeigten Bildern geht es nicht um jene Menschen, die darauf zu sehen sind...“
„Die alltägliche Ausbeutung, Unterdrückung und Ermordung von Tieren durch die menschliche Gesellschaft spricht für sich selbst und bedarf keiner Skandalisierung. Ihre Abschaffung muss Grundbedingung einer wahrhaft emanzipierten Gesellschaft sein.“
     

aus TATblatt Nr. +209, April 2004.

>>TATblatt-Homepage  

©TATblatt, 2004
Alle Rechte vorbehalten

Nachdruck, auch auszugsweise, nur in linken alternativen Medien ohne weiteres gestattet (Quellenangabe und Belegexemplar erbeten)!

In allen anderen Fällen Nachdruck nur mit Genehmigung der Medieninhaberin (siehe Impressum).