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Burschenschafter schlagen zu

In der Nacht von 8. auf 9. November attakierten Burschenschafter der Wiener Vereinigung Olympia eine Gruppe von AntifaschistInnen. Aus diesem Anlaß startet die Gruppe "Jugend gegen Rassismus in Europa" (JRE) eine Kampagne gegen die Olympia.

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Am 8. November veranstaltete die deutschnationale Burschenschaft Olympia ein Gedenkbesäufnis in ihrem Haus in der Wiener Gumpendorferstraße. Der konkrete Anlaß der Feier ist nicht bekannt, für Burschenschafter gab es an diesem Wochenende jedoch genug zu feiern: gescheiterter Hitler-Putsch, Novemberpogrom, Fall der Mauer. Gegen ein Uhr in der Früh kam eine Gruppe von jugendlichen Antifas am Olympia-Haus vorbei und vermeinten aus dem Haus "Sieg Heil"-Rufe zu hören. Als Reaktion darauf begannen die Antifas ArbeiterInnenlieder zu singen. In der Folge entwickelten sich einige Schreiduelle mit den Burschenschaftern. Diese kamen dann nach und nach vor die Haustür und die Situation eskalierte. Nach den zunächst noch glimpflich verlaufenden Rempeleien setzten einige Burschenschafter Tränengas gegen die Antifas ein. Mittlerweile waren die Burschenschafter auch eindeutig in der Überzahl. Die Antifas ergriffen daraufhin die Flucht, sechs von ihnen blieben jedoch, vom Tränengas außer Gefecht gesetzt, liegen.

Kurze Zeit später erschienen die ersten Polizisten und begannen die Personalien der Antifas aufzunehmen. Erst nach massivem Drängen der Antifas und einiger türkischer/kurdischer PassantInnen forderten die Polizisten über Funk einen Rettungswagen an. Als dieser Eintraf durften nur zwei der verletzten Antifas mitfahren. Anfangs weigerte sich die Polizei, Personalien der Burschenschafter aufzunehmen. Nach einiger Zeit durften zwei Antifas mit Polizeibegleitung ins Olympia-Haus. Dort konnten sie einen der Angreifer identifizieren. Für den nächsten Tag wurde alle sechs verletzten Antifas zum Amtsarzt vorgeladen. Die zwei Antifas, die mit der Rettung ins Spital gebracht wurden, konnten am nächsten Tag entlassen werden.

Einige der betroffenen Antifas sind AktivistInnen der Gruppe JRE. Aus diesen Gründen startet JRE eine Kampagne gegen die Burschenschaft Olympia, die bis zu deren "Verbot aufgrund von Wiederbetätigung" (laut Aussendung JRE) führen soll. Die Burschenschaft Olympia wurde bereits 1959 von Behördenseite aufgelöst. Einige der prominenten aktiven und ehemaligen Mitglieder sind z.B. G. Kümel, der Ernst Kirchweger auf einer antifaschistischen Demonstration erschlug, und FPÖ-Spitzenfunktionäre wie Rainer Pawkovicz oder Nationalratsabgeordneter Martin Graf.

"Jugend gegen Rassismus in Europa" plant gemeinsam mit anderen Organisationen Demonstrationen und Kundgebungen vor dem Olympia-Heim sowie Infotische und Plakatieraktionen. Nähere Informationen gibt es unter der Telefonnummer 524 63 10.


aus: TATblatt Nr. +87 (20/97) vom 20. November 1997
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