TATblatt


Parlamentarische Anfrage

TATblatt und das Kriminal

Der engen - fast schon freundschaftlichen - Verbindung zwischen TATblatt und den Abgeordneten Khol und Kiss verdanken wir wieder einmal weitreichende Erkenntnisse über uns. Mehrmals haben wir uns schon gefragt, ob uns diverse BekennerInnen am Schmäh halten und unsere gediegene Berichterstattung desavouieren. Dem ist nicht so, bestätigt nun das Innenministerium.
Kriminaltechnisch am interessantesten ist die Erkenntnis, daß ein gelungener Brandanschlag - sofern nicht gleich am ersten Tag ein BekennerInnenbrief abgeschickt wird - zum geringsten, nämlich gar keinem Ermittlungsaufwand führt, während kleinere Sachbeschädigungen detallierte Erhebungen und Protokollaufnahmen auslösen. (Achtung: Bei dem unten angeführten Brandanschlag auf eine Bundesheeranlage dürfte es anderen Indizien zufolge zwar zu keinen polizeilichen Ermittlungen, sehr wohl aber zu solchen militärischer Dienste gekommen sein!) Das deckt sich übrigens auch mit den Aussagen der Feuerwehr nach dem Brandanschlag auf Shell in Graz, nämlich daß erst nach dem zweiten Brand die Polizei geholt wurde, weil zuvor Unachtsamkeit angenommen worden war. Über das Ausmaß der Schäden scheint das Innenministerium nicht den geringsten Schimmer zu haben.
Doch lassen wir nun Khol, Kiss und Schlögl im O-Ton miteinander plaudern.
 

TATblatt; Quellen: parlamentarische Materialien 3360/J XX.GP, 3306/AB XX.GP
 

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Khol, Kiss, Platter und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend den Situationsbericht über Linksextremismus in Österreich

Der vom Innenministerium am 10. Oktober 1997 vorgelegte Situationsbericht betreffend Linksextremismus in Österreich beinhaltet eine Aufstellung der linksextremistisch motivierten Anschläge in Österreich im Zeitraum von 1986 bis August 1997.

Neben eindeutig zurechenbaren Attentaten ist auch eine Liste jener Anschläge beigefügt, die vermutlich dem linksextremen Spektrum zuzurechnen sind. Die terroristischen Aktivitäten der unterschiedlichen Gruppen, deren Anschlagserklärungen teilweise in einschlägigen Publikationen wie dem TATblatt abgedruckt worden sind, haben in vielen Fällen zu erheblichem Sachschaden geführt und auch Menschenleben gefährdet.

Eingangs wird im gegenständlichen Bericht vermerkt, daß dem Linksextremismus wie allen extremistischen Erscheinungen von den Sicherheitsbehörden besondere Aufmerksamkeit zugewendet wird.

Es besteht jedoch die Vermutung, daß die Auflistung der angeführten Anschläge, die einer linksextremen Täterschaft zugeordnet werden, unvollständig ist.

Die in der Folge angeführten Anschläge, die alle im Berichtszeitraum liegen, lassen sich einerseits durch ihre politischen Zielrichtungen und andererseits durch im TATblatt abgedruckte Bekennerschreiben der linksextremen Szene zuordnen:

Anschlag auf ein Bunkersystem des Bundesheeres, welches gesprengt bzw. abgefackelt wurde.

Bekennung der RAAF (Radikal Agierende AntiFaschistInnen) im TATblatt vom 30.9.1992

Anschlag auf die Baufirma PORR in Nußdorf, wo mehrere Baucontainer und ein Kleinbus durch Superkleber und Reifenaufschlitzen "unbrauchbar" gemacht wurden.

Bekennung durch fantomas und ronja im TATblatt vom 30.1.1997

Anschlag auf den Dichterstein in Wels, wo die Gedenktafeln von "arischen Dichterlingen" mit schwarzer Farbe übermalt wurden.

Bekennung durch Die Flintstones im TATblatt vom 24.4.1997

Zerstörung einer Glasfront der Peruanischen Botschaft mit Ziegelsteinen als Reaktion auf das blutige Ende der Geiselbefreiung.

Bekennung durch Kommando Tupak Amaru im TATblatt vom 7.5.1997.

Anbringung eines Transparentes an der peruanischen Botschaft mit der Parole "Fujimori - Clinton - Hashimoto = Mörderbande, Free all Prisoners" und Verunreinigung des peruanischen Staatswappens mit "Blut".

ohne namentliche Bekennung im TATblatt vom 22.5.1997

Da diese Anschläge nicht im Bericht enthalten sind, jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit stattgefunden haben, stellen die unterzeichneten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres folgende ANFRAGE:

1. Haben die oben angeführten Anschläge tatsächlich stattgefunden?

2. Wenn ja, warum sind diese Anschläge in dem von Ihnen herausgegebenen Bericht betreffend Linksextremismus in Österreich nicht enthalten?

3. Wenn ja, (zu Frage 1) warum sind den Sicherheitsbehörden, die laut Ihrer Auskunft in der Anfragebeantwortung 2730/AB zu 2676/J eine laufende Überprüfung von einschlägigen Druckwerken vornehmen, die im TATblatt veröffentlichten Bekennungen entgangen?

4. Gab es in den oben angeführten Fällen Ermittlungen durch die Sicherheitsbehörden?

5. Wenn ja, was war das Ergebnis dieser Untersuchungen?

6. Welcher Sachschaden ist bei den einzelnen der oben angeführten Anschlägen entstanden?

7. Verfügen Sie über weiterreichende Kenntnisse in bezug auf die Täterschaft bei den einzelnen Anschlägen, und wenn ja, welche?

8. Auf welche Gesamt-Schadenssumme belaufen sich die Auswirkungen der linksextremistisch motivierten Anschläge in Österreich im Berichtszeitraum von 1986 bis 1997?

9. Worauf führen Sie die lückenhafte Darstellung in Ihrem Bericht über linksextreme Anschläge in Österreich zurück?

10.Warum wird von Ihrem Ressort, worauf auch die Eingangspassage des gegenständlichen Berichtes hindeutet, dem Linksextremismus eher geringere Bedeutung zugemessen?

11. Halten Sie eine solche Bewertung der linksextremen Szene auch noch nach dem (mißlungenen) Bombenanschlag von Ebergassing für gerechtfertigt?

12. Werden Sie die Überwachung des linksextremen Spektrums in Zukunft verstärken?

13. Wenn nein, warum nicht?"
 

Antwort des Innenministers

Zu Frage 1:

Ja. Es wurde jedoch nicht ein Bunkersystem, sondern ein Gruppenunterstand des Bundesheeres durch Brand zerstört. Bei den Anschlägen auf die Botschaft von Peru wurde jeweils das Gebäude, in dem sich u.a. die Botschaft befindet, beschädigt.

Zu Frage 2:

Der Bericht meines Ressorts über den Linksextremismus in Österreich enthielt für das Jahr 1997 nur die bis zum Zeitpunkt der Erstellung (Sommer 1997) bedeutendsten Anschläge in diesem Jahr.

Zu Frage 3:

Die Bekennungen sind den Sicherheitsbehörden bekannt.

Zu Frage 4:

Ja. Im Fall des Brandanschlages auf den Gruppenunterstand des Bundesheeres wurden jedoch keine polizeilichen Ermittlungen durchgeführt. Das Bundesheer hatte keine Anzeige erstattet, weil als Brandursache u.a. auch Unachtsamkeit (z.B. weggeworfene Zigarette) nicht ausgeschlossen werden konnte. Der Unterstand wurde von einem heereseigenen Bautrupp wieder instandgesetzt.

Zu Frage 5:

Die unbekannten Täter konnten bisher nicht ausgeforscht werden.

Zu Frage 6:

Bezüglich des Anschlages auf eine Einrichtung des Bundesheeres verweise ich auf die Antwort zu Frage 1. Bei dem Anschlag auf die Baufirma PORR wurden 3 Fahrzeugreifen aufgeschnitten und bei einem Reifen das Ventil abgeschnitten. 3 Schlüssellöcher an Baucontainern wurden mit Superklebstoff verklebt. Die Dichtersteinanlage Offenhausen wurde mit Parolen in schwarzer Farbe beschmiert. Das Gebäude, in dem u.a. die peruanische Botschaft untergebracht ist, wurde durch Einschlagen der Doppelverglasung der Eingangstür und an Fassadenteilen sowie durch Beschmieren der Hausfassade beschädigt.

Zu Frage 7:

Nein. Ich verweise auf die Antwort zu Frage 5.

Zu Frage 8:

Die dem Bundesministerium für Inneres vorliegenden Schadenssummen beruhen auf Schätzungen. Der Gesamtschaden dürfte sich auf einen zweistelligen Millionenbetrag belaufen.

Zu Frage 9:

Ich verweise auf die Antwort zu Frage 2.

Zu den Fragen 10 bis 13:

Die Bedeutung der linksextremen Szene in Österreich wurde und wird seitens der österreichischen Sicherheitsbehörden keineswegs unterschätzt. Insbesondere verschiedene in der Öffentlichkeit aktualisierte Themen, die der linksextremen Szene in der Vergangenheit immer wieder Anlaß zu diversen Aktionen gaben, rechtfertigen eine erhöhte Aufmerksamkeit der Sicherheitsbehörden gegenüber diesem Spektrum. Die hiezu notwendigen Veranlassungen wurden und werden in meinem Ressortbereich jeweils in dem der aktuellen Situation entsprechenden Maße getroffen.


aus: TATblatt Nr. +96 (8/98) vom 23. April 1998
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