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Backlash against Muslims

Befürchtungen dass ein rassistischer Gegenschlag gegen Muslims auf die Anschläge von New York und Washington folgen würden, erwisen sich als gut begründet. Bereits in TATblatt 174 wurden verschiedene Ausbrüche die direkt auf die Ereignisse am 11. September folgten dokumentiert. Der folgende Artikel ist eine gekürzte Übersetzung aus der englischen antifaschistischen Zeitschrift Searchlight.

In den Vereinigten Staaten gerate die "Islamophobia" aus den Fugen, meint Ismail Royer, ein "Civil rights"-Koordinator am Council on american-Islamic Relations (CAIR). Das Washingtoner Institut CAIR erhält normalerweise 400 Berichte jährlich, die von antimoslemischen Attacken berichten. In der Woche, die dem WTC-Dissaster folgte, waren es alleine 350. Diese Berichte reichten von verbalen Bedrohungen bis zu Schießereien und Messerstechereien. Die Fenster von Moscheen wurden eingeschlagen, und einige wurden mit Gas attackiert. In Memphis, Tennesee wurde eine moslemische Student von einem weissen Mann bespuckt geschlagen. Unglücklicherweise dürften die berichteten Vorfälle nur die Spitze eines Eisbergs sein.

Mr. Royer fügte hinzu: "Viele der Ziele waren Frauen, vor allem weil sie erkennbar sind, und auch weil sie verwundbarer sind. Vielen wurden die Tücher vom Kopf gerissen. Das verursacht Angst in der Gemeinschaft, auch wenn es viele Menschen gibt, die [solche Attacken] als falsch bezeichnen."

Tragischerweise hat die Gleichsetzung aller Moslems mit TerroristInnen zu noch mehr Toten geführt. In Dallas, Texas, wurde ein pakistanischer Student beim Einkaufen erschossen. Der Mann - Vater von 4 Kindern - lebte seit 10 Jahren in den USA. Die Polzei geht von einem Akt der Rache aus, sein Bruder glaubt an religiöse Motive.

Wie bereits berichtet trifft es ironischerweise nicht nur Moslems. Dem Pächter einer Tankstelle - ein indischer Sikh - der in Arizona erschossen wurde, dürfte seine Ähnlichkeit zu Bin Laden zum Verhängnis geworden sein. Dass er einen Turban trug und wahrscheinlich überhaupt, dass er einer "anderen" Religion angehörte, tat das weitere dazu. Er ist damit kein Einzelfall.

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Die Ereignisse in den USA haben auch in England und Europa zu anti-moslemischen Sentiments geführt. Aus England wird ein landesweites Ansteigen der Akte gegen Moslems berichtet. So wurde zum Beispiel ein 19-jähriges Mädchen in Swindon von zwei weissen Jugendlichen mit Baseballschlägern überfallen. Sie konnte fliehen, musste allerdings ihre Wunden im Spital behandeln lassen.

Eine Schule im Norden Londons musste wegen Drohungen geschlossen werden.

Das Freitagsgebet in der Moschee in Regent's Park musste ebenfalls nach einer Bombendrohung unterbrochen werden. Die Moschee wurde evakuiert. Andere Moscheen wurden besprüht oder Opfer von Vandalismus. In Bolton wurde eine selbstgebaute Bombe im Vorraum einer Moschee gezündet und hinterließ zum Glück nur leichte Schäden.

Flüchtlinge, die in Dover ankommen erwartete ein feindsinniger Empfang. Ein Mann aus Afghanistan wurde schwer geschlagen, und musste ins Spital eingeliefert werden. Attacken gegen Asylsuchende nahmen generell zu.

Searchlight sieht viele der Attacken in unverantwortlichen Medienberichten begründet. Dazu gehören die überzogene Darstellung weniger, die die Anschläge feierten, als auch das "über einen Kamm scheren" aller moslemischen Menschen. Nachdem vile Menschen nicht zwischen Muslims und anderen unterscheiden, führt das auch zu verstärkter Gewalt gegen AsiatInnen im allgemeinen. Im schwerwiegendsten Zwischenfall in England bisher, blieb ein gelähmter afghanischer Taxifahrer zurück, nachdem ihn drei weisse Männer geschlagen hatten. Das Opfer war mit einer Flasche auf dem Kopf getroffen worden und am Boden liegend getreten. Drei Männer wurden wegen schwerer Körperverletzung festgenommen. Scottland Yard geht von einer rassistisch Motivierten Gewalttat aus.

Neben Amerika und England war vor allem Polen von einer islamophoben Welle betroffen, die lt. Searchlight sogar den nationalen Antisemitismus ertränkte. Auf entsprechende Sendungen der National-katholischen Radiostation, Radio Maria, folgten physische Attacken gegen Moslems. Junge Faschisten griffen in Lodz einen palästinensischen Studenten an. In Warschau wurde ein palästinensischer Restaurantbesitzer von Skinheads angegriffen und in Gdansk wurde eine Moschee attackiert. Ähnliches berichtet Searchlight aus Deutschland (Arsen-Attacke gegen eine Moschee).

Gleichzeitig solidarisieren sich in Deutschland, Schweden, Frankreich und anderen Ländern Nazis offen gegen Amerika. Amerikanische Fahnen werden verbrannt. In Frankfurt an der Oder organisieren Nazis sogar eine 100 Leute Demo "in Solidarität mit Palästina".

aus TATblatt Nr. +175 vom 12. Oktober 2001

 
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