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Bei einem vom UNHCR veranstalteten Treffen von 25 Flüchtlingsorganisationen wurde über die katastrophale soziale Lage der AsylwerberInnen in Österreich diskutiert und informiert. Das UNHCR sieht "dringenden Handlungsbedarf, damit (sich) die Obdachlosigkeit der Flüchtlinge und Asylwerber in Österreich nicht ausweitet". Zwei Drittel von ihnen sind unversorgt, die Flüchtlingsheime der Organisationen sind überfüllt. Die Situation ist nicht mehr zu bewältigen, ein Kollaps droht. In Traiskirchen, wo die Lage laut Bürgermeister Knotzer "außer Rand und Band" gerät, wird die Sache freilich vorrangig als Sicherheitsproblem gesehen. Und daran, dass "die Fremdenfeindlichkeit steigt", ist natürlich auch die Zahl der Flüchtlinge und nicht die österreichische Gemütslage schuld.

Der geplanten Privatisierung der Bundesbetreuung stehen das UNHCR und die Flüchtlingsorganisationen kritisch gegenüber, weil sie befürchten, dass es nur um Einsparungen geht. Das UNHCR fordert sofortige Übergangsmaßnahmen bis zur Neuordnung der Bundesbetreuung.

Nur zehn Jahre nach dem rassistischen Brandanschlag auf die Wohnheime von VietnamesInnen in Rostock-Lichtenhagen kommt es auch schon zum Prozess gegen die vermutlichen Haupttäter. Die Polizei hatte damals im August 1992 untätig zugesehen, wie ein rassistischer Mob unter Applaus von Schaulustigen die Häuser in Brand setzte, und die Feuerwehr an den Löscharbeiten hinderte. Die BewohnerInnen konnten sich nur durch Zufall über das Dach in ein Nachbarhaus retten. Vor Gericht kommen nun drei Männer, denen eine Höchststrafe von zehn Jahren droht.

Unter diesem Motto demonstrierten am Samstag, den 24. November 12.000 Personen in Bern. Laut Sans-papiers-Kollektiv Bern war das die größte Demo für migrationspolitische Anliegen, die je in der Schweiz stattgefunden hat. 150 Organisationen und Vereine hatten zur Demo aufgerufen. Aus der ganzen Schweiz reisten die Teilnehmenden mit reservierten Zügen und Bussen nach Bern. Die öffentliche Meinung, insbesondere in der Westschweiz, steht mittlerweile einer kollektiven Regularisierung der Sans-papiers überwiegend positiv gegenüber: Dieser Meinungsumschwung ist der Öffentlichkeitsarbeit der selbstorganisierten Sans-papiers zu verdanken, die mit ihren direkten Aktionen und Kirchenbesetzungen eine starke Solidaritätsbewegung ausgelöst haben.

Diese Solidarität ist auch dringend notwendig, um der Politik der Behörden etwas entgegenzusetzen. Während alles unternommen wird, um eine schnelle und umfassende Liberalisierung des Kapital- und Warenverkehrs zu erreichen, wird kein Aufwand gescheut, um über Polizeimaßnahmen, administrative Regelungen und elektronischen Kontrollsystemen den Personenverkehr laufend einzuschränken. Weiterhin weigert sich eine Mehrheit des schweizerischen Nationalrates in der Herbstsession 2001 auf die Sans-papiers-Frage einzugehen und eine kollektive Regularisierung zu diskutieren.

Auf der Demonstration wurden weiters ein sofortiger Stopp von Ausschaffungen, ein Mindestlohn von 3.000 Franken netto für alle, sowie die Aufwertung der Lebens- und Arbeitsbedingungen gefordert. Der Entwurf zu einem neuen AusländerInnengesetz wird abgelehnt.

aus TATblatt Nr. +178 vom 29. November 2001

 
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