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VA Tech - Chronologie einer Krise

Daß die VA Tech ein Sanierungsfall ersten Ranges ist, dessen desolater Zustand nur für die Gutgläubigsten durch vermeintliche Erfolgsmeldungen verschleiert werden soll, und ein für die Staatsfinanzen bedrohlicher Fall geworden ist, das schreiben mittlerweile sogar die Zeitungen. Eine kleine Übersicht von "Erfolgsmeldungen":

Seit Monaten wurde als Rettungsanker ein Kauf von 20% der Aktien durch den österreichischen Staatsbürger bzw. US-Industriellen Georg Andlinger als Erfolg angepriesen, der bereits Anteile der Tochterfirma Vöest Alpine MCE erworben hatte. Doch daraus wird nichts. Am 14. Nov., ausgerechnet an dem Tag an dem Balfour Beatty seinen Rückzug von Ilisu offiziell verlautbart, verkündet Andlinger, daß er kein Interesse mehr habe. Andlinger ist auf Sanierung von schlingernden Unternehmen nach US-Vorbild spezialisiert, doch an die Durchhalteparolen des Vorstandsvorsitzenden Becker scheint er nicht zu glauben. In der "Presse" wird dazu süffisant resümiert: "Reicher Onkel nicht spendabel".

Anfang Oktober kursieren Zahlen über 45 Mrd. öS, die die VA Tech an Schulden angehäuft habe. Beinahe im Wochenrythmus werden im Oktober Unternehmensteile verkauft. Ende Oktober kommt an die Öffentlichkeit, daß die österreichischen Banken massive Ergebniseinbrüche im Jahr 2001 erzielen werden und in den Bilanzen "mit erheblichen Wertberichtigungen" gerechnet werden muß. Unternehmen wie die VA Tech oder die AUA "stehen mit Milliarden in der Kreide". Der Rückgang des Handels mit Aktien, etwa der VA Tech, drückt das Ergebnis bei den Bankgebühren und zudem steht die VA Tech "unter großem Druck bei den Erträgen". Kurz nach der Ilisu-Entscheidung von Balfour Beatty berichtigt die Vöest Alpine, derzeit Mehrheitseigentümer der VA Tech, ihre Beteiligung um 55 Mio. Euro, also 756 Mio. öS nach unten. Zwei Tage später wird verlautbart, daß die Exporte in den Hauptmarkt der VA Tech, der Türkei, heuer um 3,2 Mrd. öS oder 9,1% geringer sein werden als im Vorjahr. Grund dafür ist die Wirtschaftskrise in der Türkei, die gerade eben einen Notkredit des IWF erhalten hat. Zudem hat die VA Tech Probleme, die Genehmigung von Finanzminister Grasser für einen Exportkredit für das geplante Wasserkraftwerk Ermenek zu erhalten. Obwohl wegen eines weiteren Kraftwerkauftrages aus der Türkei laut Vorstandsvorsitzendem Becker "spektakuläre Verbesserungen" zu erwarten seien, wird überlegt heuer keine Dividende auszuschütten.

aus TATblatt Nr. +178 vom 29. November 2001

 
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