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    Die Erweiterung der EU bringt:
Proteste gegen "neue" Grenzen.

Mit 1. Mai 2004 ist es so weit: die historische Erweiterung der Europäischen Union um 10 neue Mitgliedsstaaten. Rechtzeitig zu diesem Termin wird in Österreich ein neues AsylG in Kraft treten, mit dem massive Verschärfungen einhergehen (siehe TATblatt +204). Doch nicht nur in Österreich kommt es mit der Erweiterung der EU zu einem Ausbau institutioneller Rassismen. In den Beitrittsländer wurden die Einwanderungsbestimmungen der EU eingeführt, schon vor dem offiziellen Beitrittsdatum sind verstärkte Kontrollen bemerkbar. Begleitet wird die Erweiterungsrunde von etlichen Protesten quer durch Europa.

Am massivsten trifft die neue Grenzziehung vor allem jene Menschen, die in den nun an die EU grenzenden Staaten leben. So verwundert es nicht, dass genau entlang dieser Grenzen einige Proteste stattfinden. Hier ein unvollständiger Überblick und eine Vorschau auf noborder-Aktivitäten im Sommer 2004.


Trans_european Picnic.

Von 29. April bis 1. Mai rufen AktivistInnen zum "Trans_european Picnic" in Novi Sad, Serbien, auf. Im Aufruf ist zu lesen, dass mit 1. Mai erstmals die EU ihr Staatsgebiet auf Staaten des früheren Ostblocks bzw. blockfreie Staaten ausweitet. In Anlehnung in ein "pan-European Picnic", dass 1989 in Ungarn (an der Grenze zu Österreich) stattfand, und als eines jener Ereignisse bezeichnet wird, die zum Fall der Berliner Mauer führte, will das "Trans_european Picnic" auf die neuerlichen geopolitischen Veränderungen in Europa hinweisen. Was 1989 für viele als Öffnung erschien, erweist sich nun mehr und mehr als organisierter Ausschluss, eingeschränkte Mobilität und ein neues Visaregime.
Nur wenige Kilometer von der neuen EU-Außengrenze entfernt, soll das Picnic KünstlerInnen, TheoretikerInnen und MedienaktivistInnen aus verschiedenen Teilen Europas zusammenbringen und so Austausch wie Zusammenarbeit fördern.
Es sind verschiedene Projekte und Installationen geplant, die im Internet vorgestellt werden. U.a. wird das FM@dia FORUM 04: Connecting Free Media vorgestellt werden, zu dem es von 10. bis 11. Juni in Prag und 12. bis 13. Juni in Freistadt (OÖ) weitere Veranstaltungen geben wird.
Ebenfalls am Programm steht die Präsentation von Free Bitflows, eine Konferenz samt Ausstellung, die von 2.-5. Juni in Wien stattfindet.
Linx:
http://www.transeuropicnic.org
http://www.fmedia.ecn.org
http://freebitflows.t0.or.at
Kontakt:
Brace Mogin 2
PO Box 22, Detelinara
21113 Novi Sad, Serbia and Montenegro
tel/fax: +381 21 512 227
mail: office@kuda.org


noborder Camp in Kroatien.

Nachdem ein bereits im Vorjahr geplantes noborder-Camp in Kroatien nicht stattfand, ist es heuer so weit. Die noborder-AktivistInnen in Kroatien nehmen die Erweiterung der EU zu Anlass, um aktiv zu werden. Im Norden Kroatiens, an der Grenze zu Ungarn, nahe Mursko Sredisce werden am 30. April und 1. Mai Aktionen stattfinden. Schon in den Tagen davor wird es in Zagreb, Cakovec und Mursko Sredisce Aktionen geben, bei denen u.a. das Camp beworben werden soll. Die AktivistInnen aus Kroatien wünschen sich Unterstützung, vor allem aus den EU-Staaten. Wer sich mit Ideen, Vorschlägen oder anderer Unterstützung einbringen will, soll in Kontakt treten. Eine Website  ist jedenfalls in Vorbereitung.
Kontakt: ograniceni@yahoo.com


noborder Maday Weekend in Dublin.

Im derzeitigen EU-Vorsitzland wird es ebenfalls rund um den 1. Mai zu Protesten kommen. Von 30. April bis 3. Mai wird mit verschiedensten Aktivitäten wie Straßentheater, Reclaim the City, Begrüßung von Boat People, einer Lärmdemo zur Begrüßung eines EU-MinisterInnentreffens und einem noborder-Camp in Dublin protestiert.
Linx:
http://ireland.indymedia.org
http://www.geocities.com/directactionagainstapathy
Kontakt:
direct action against apathy
po box 3345
Belfast bt9 7lp
mail: directactionagainstapathy@yahoo.co.uk


Proteste in Warschau.

Auch in Polen wird es Aktionen rund um den 1. Mai geben. Neben den Protesten gegen das WEF (siehe eigener Beitrag in diesem TATblatt), bei denen im Rahmen der Alternativen Wirtschaftsforums das neue Grenzregime thematisiert wird, sind für 1. Mai einige kleinere noborder-Aktivitäten geplant.


Grenzüberschreitender Kulturaustausch.

Im Nordöstlichen Niederösterreich werden kulturelle Grenzen überschritten. Von 1. April bis 31. Oktober finden im Rahmen des Weinviertelfestivals 113 Projekte statt, bei denen ein Drittel der Projekte den Focus auf grenzüberschreitende Themen legen wird. Am 30 April findet am Grenzübergang Drasenhofen ein "schwungvolles Begegnungsfest" mit den NachbarInnen aus der Tschechischen Republik statt: MusikantInnen, SängerInnen und TänzerInnen überschreiten gemeinsam die Grenze. Der "grenzüberschreitende Mai-Steig" versteht sich als Happening anlässlich des EU-Beitritts der Tschechischen und der Slowakischen Republik, weshalb am 1. Mai im Schloss Mikulov (Tschechien) mit einem, tschechisch-österreichischen Frühschoppen weitergefeiert wird. Die neuen Grenzen oder das erst vor wenigen Jahren errichtete Abschiebelager nahe Brno, die im Zusammenhang mit der EU-Erweiterung stehen, werden im Rahmen dieser offiziellen Veranstaltungen wohl aber kaum thematisiert werden.
Infos:
Tel: 02572/342 34-0
http://www.weinviertelfestival.at


Defencing Tour in der BRD.

Nachdem im letzte Jahr während des Grenzcamps im Fürth kräftig am Zaun gerüttelt wurde, planen AktivistInnen aus Deutschland für Sommer 2004 eine Anti-Lager-/Defencing-Tour. Diese soll etwas mehr Schwung in die etwas stagnierenden Grenzcamps in Deutschland bringen. Das ganze ist eingebettet in eine europaweite Kampagne gegen Abschiebelager, die mit einem europaweiten Aktionstag am 31. Jänner dieses Jahres (siehe TATblatt +206 und +207) erstmals größere Aufmerksamkeit erreichen konnte.
Nach einer Bestandsaufnahme der Lager in der BRD, u.a. am Antirassistischen Forum in München (7.-9. Mai),  soll mit direkten Aktionen die expandierende Lagerpolitik gegenüber Flüchtlingen und MigrantInnen in Europa stärker ins Blickfeld gerückt werden.

Kontakt Antirassistisches Forum:
Bayrischer Flüchtlingsrat
Augsburgerstr. 13
80337 München, BRD
Fax: +49-89-762236
E-Mail: gs@kein.org
Infos:
http://www.contrast.org/borders/kein
http://www.abschiebehaft.de

noborder-Tour East.

Über acht Wochen lang, von Mitte Juli bis Mitte September, wird eine Tour entlang der neuen EU-Ostgrenze, von Slowenien bis Lettland, stattfinden. Ausgehend von AktivistInnen aus der BRD, soll in Zusammenarbeit vor allem mit osteuropäischen noborder- und Medieninitiativen eine Recherche- und Dokumentationstour stattfinden. Der Focus wird dabei auf Transit- und Arbeitsmigration liegen. Geplant sind Ausstellungen, Filmvorführungen, Performances und Aktionen zur Unterminierung des Grenzregimes.
Vorbereitung und Kontakt:
everyone in an expert
http://www.expertbase.net
Info demnächst:
http://www.noborder.org


noborder-Camp in Imatra.

Von 9. bis 16. Juli wir die 30.000 EinwohnerInnen zählende Stadt Imatra in Finnland Austragungsort des ersten noborder-Camps an der finnisch-russischen Grenze werden. Diese Grenze wird von den AktivistInnen als jene mit dem zweitgrößten Armutsgefälle nach der US-Mexikanischen Grenze bezeichnet. Nachdem vor einigen Jahren die Region nach der Öffnung der Grenzen belebte, ist nicht zu übersehen, dass durch die massiven Grenzkontrollen auf beiden Seiten der Grenze zahlreiche Menschen aufgrund der Abschottungspolitik der EU in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden. Neben Diskussionen über Migration und Grenzen stehen direkte Aktionen zur Überschreitung letzterer am Programm.
Infos demnächst:
http://www.noborder.org
http://no-racism.net




No Border Days in Kärnten/Koroska.

Das Ziel die "Normalität" zu durchbrechen haben sich vom 30. April bis 2. Mai AktivistInnen der Grünalternativen Jugend Kärnten/Koroska gesetzt. Mit den noborder Days in Klagenfurt/Celovec und Umgebung protestieren sie für eine Welt ohne Grenzen und wollen auf eine am 2. Mai geplante "Gedenksteinenthüllung" des extrem rechten "Kärntner Abwehrkämpferbund" (KAB) im südkärntner Ort Seidendorf/Sdinja Vas, der zur Gemeinde St.Kanzian/Skocjan gehört, aufmerksam machen.
Der KAB will damit der Tatsache gedenken, dass vor nunmehr 85 Jahren nach dem sogenannten "Kärntner Abwehrkampf" der letzte jugoslawische Soldat Kärnten verließ. Dies ebnete den Weg für das kärntner Plebiszit (Volksabstimmung), bei dem sich die Mehrheit der WählerInnen für den Verbleib Südkärntens bei Österreich entschied.
Der Grund für die "Enthüllung" am 2. Mai ist der EU-Beitritt Sloweniens am 1. Mai. Der KAB und seine Schwesterorganisation, der "Kärntner Heimatdienst" (KHD) sprechen erwartungsgemäß von einer "Slowenischen Invasion", die Kärnten/Koroska überrollt. Die Folgen dieser nationalistischen Panikmache, ziehen sich in Kärnten/ Koroska durch die Landespolitik der letzten
Jahrzente. Kärntner SlowenInnen, KünstlerInnen, Linke AktivistInnen,
MigrantInnen, alternative Jugendkulturen werden systematisch
kleingehalten, finanziell ausgetrocknet und "assimiliert" - mit Mitteln des Rechtstaates und Polizeigewalt.
Das Programm der Aktionstage gegen Rechtsextremismus, Nationalismus, Ausgrenzung und Unterdrückung:

* Freitag, 30. April 2004, ab 14.00 Uhr
Reclaim the Streets Party und Demozug durch die Innenstadt in Klagenfurt/Celovec.
* Samstag, 1. Mai 2004, vormittags
"Sicherster Platz Europas", Aktionismus in der Klagenfurter Innenstadt.
* Sonntag, 2. Mai 2004, ab 9.00 Uhr
Demo gegen den KAB/KHD und deren Gedenksteinenthüllung in Seidendorf/Sdinja Vas.

Kontakt: noborderkoroska@gmx.at
Infos: http://www.noborderdays.at.tt

     

aus TATblatt Nr. +209, April 2004.

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