TATblatt


Offenhausen und Wels

Grundrechtsbeschwerde wegen Polizeiübergriffen

Bei den Antifaschistischen Demonstrationen in Offenhausen und Wels am 3. Mai 1997 sahen sich die TeilnehmerInnen vielfältiger Einschränkungen und Schikanen ausgesetzt. Elf DemonstrantInnen reichten Anfang Juni beim Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS) in Linz eine Grundrechtsbeschwerde ein. Am Dienstag, den 26. August fand die öffentliche Verhandlung des UVS statt. Das Urteil ergeht schriftlich.

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Die Beschwerde

Die BeschwerdeführerInnen sahen sich insbesondere durch folgende Punkte in ihrem Demonstrationsrecht verletzt:

Gesetzwidrige Anhaltung und Durchsuchung der Busse und der DemonstrantInnen am Weg nach Offenhausen. Durch die unverhältnismäßig lange dauernde Durchsuchung und Anhaltung in den Bussen erlitten mehrere DemonstrantInnen in der Hitze Kreislaufzusammenbrüche.

Keine Bekanntgabe von Dienstnummern der amtshandelnden Beamten ohne Begründung.

Willkürliche Beschlagnahme persönlicher Gegenstände.

In Wels wurden die DemonstrationsteilnehmerInnen zwei Stunden auf einem Parkplatz ohne ausreichende sanitäre Einrichtungen festgehalten.

In Wels wurden Leute nicht in die Demonstration gelassen und die DemonstrantInnen am Verlassen des Demonstrationszuges wiederum gehindert.

Insgesamt erweckte das Verhalten der Behörden den Eindruck, als "sollten die Antifa-Demonstrationen in Wels und Offenhausen zwar nicht formal untersagt werden, aber doch weitgehendst behindert, ihre politische Wirksamkeit verunmöglicht, die DemonstrantInnen schikaniert und eingeschüchtert werden, so daß dies einer De-Fakto Aushöhlung des Demonstrationsrechts gleichkommt." (Zitat aus der Presseinformation vom 25.8.)

Die Verhandlung

Die öffentliche Verhandlung vor dem UVS in Linz fand unter dem Vorsitz von Dr. Alfred Grof am 26. August statt. Neben einigen BeschwerdeführerInnen waren VertreterInnen der beiden belangten Behörden - Bezirkshauptmannschaft Wels-Land und Bundespolizeidirektion Wels - sowie die geladenen ZeugInnen erschienen. Zu Beginn der Verhandlung wurden sowohl das Dokumentationsvideo der Behörden als auch ein Video eines unabhängigen Doku-Teams vorgeführt. Die beiden Videos konnten einige Punkte in der Grundrechtsbeschwerde erhärten. Dr. Grof stellte fest, daß auf den Videos einige Behauptungen der Behörden widerlegt wurden; so z.B. die angebliche Freiwilligkeit der Leibesvisitationen sowie die von Behördenseite bestrittene Art der Durchführung (mit gespreizten Beinen an die Wand stellen).

Die Befragung der beiden Einsatzleiter der Gendarmerie in Offenhausen drehte sich um den Frage, ob es den Behörden möglich gewesen sei, die Durchsuchungen in anderer Form durchzuführen - etwa daß die InsassInnen der Busse im Freien auf die Durchsuchung hätten warten können. Die beiden Einsatzleiter konnten sich bei dieser Frage nicht zu einer eindeutigen Antwort durchringen. Generell meinten sie, daß die Art der Durchführung ihrer Erfahrung nach die zweckmäßigste sei. Ob sie genug Kräfte zur Verfügung hatten, die InsassInnen außerhalb der Busse zu umstellen, konnten sie nicht eindeutig beantworten, da sie die Angabe der zur Verfügung stehenden Kräfte, "aus taktischen Gründen" verweigerten. Die Einsatzleiter rechtfertigten die Durchsuchungen aller DemonstrationsteilnehmerInnen mit dem Hinweis auf Sachbeschädigungen bei einer Demonstration in Offenhausen im Jahre 1992. Sie konnten keine näheren Angaben zu einer möglichen rechten Gegenmobilisierung machen, mit der sie die Einschränkungen der persönlichen Freiheit der TeilnehmerInnen der Kundgebung rechtfertigen hätten können.

Wels

Der Einsatzleiter der Demonstration in Wels konnte im Gegensatz zu seinen Kollegen in Offenhausen recht ausführlich das Schreckgespenst einer rechten Gegenaktion an die Wand malen. Ausführlich schilderte er die Sicherheitsmaßnahmen im Vorfeld der Antifa-Demonstration und wann und wo rechte Jugendliche perlustriert wurden. Der Einsatzleiter bestritt kategorisch jede Einschränkung der persönlichen Freiheit der AntifaschistInnen sowie daß es Einschränkungen des Demonstrationsrechtes gegeben hätte. Wortgewandt, fast schon weinerlich, versuchte er die Anschuldigungen zu zerstreuen. Mit verschiedenen Anektoten, wie z.B. daß er persönlich PassantInnen gefragt hätte, ob sie an der Demonstration teilnehmen wollten, rundete er das Bild eines fürsorglichen Einsatzleiters ab. Nur bei dem Punkt des Festhaltens auf dem Parkplatz des Lokalbahnhofes (vor der Demonstration in Wels) konnte er nicht klarmachen, warum ein Verlassen des Kessels nur nach persönlicher Kontakaufnahme mit ihm - dem Einsatzleiter - möglich war. Er begründete diese Maßnahme mit seiner Fürsorge, daß er nämlich jedeN der AntifaschistInnen, die den Platz verlassen wollten, persönlich über die Gefahr von rechten Angriffen informieren wollte. Der Einsatzleiter konnte nicht verständlich erklären, warum er diese Information nicht etwa über ein Megafon verlautbaren hätte können. Die BeschwerdeführerInnen bestritten, daß der Einsatzleiter jederzeit an Ort und Stelle war (um sich die Erlaubnis zum Verlassen des Platzes zu holen) sowie daß der Einsatzleiter je so eine Erlaubnis erteilt hätte. Hingegen sei das Verlassen des Parkplatzes während der gesamten Dauer von ca. zwei Stunden allen AntifaschistInnen verwehrt worden.

Was bringt's?

Das Urteil der UVS-Beschwerde wird in einigen Wochen schriftlich ergehen. Schon zu diesem Zeitpunkt kann gesagt werden, daß den BehördenvertreterInnen diese Beschwerde zumindest sehr unangenehm war. Bisher waren sie gewohnt, Antifademonstrationen oder andere linke Kundgebungen, ohne die Gefahr sich später rechtfertigen zu müssen, zu schikanieren oder Grundrechte außer Kraft zu setzen. Ob der Unabhängige Verwaltungssenat ohne öffentlichen Druck von bürgerlichen Zeitungen oder Parteien bereit sein wird, das Vorgehen der Behörden zu verurteilen, wird sich zeigen.

Die BeschwerdeführerInnen ersuchen um Beiträge für die Finanzierung der Beschwerdekosten. Sollte die Grundrechtsbeschwerde abgewiesen werden, könnten die Kosten nicht unerheblich sein (bis zu ATS 80.000,-), desweiteren kämen dann die Kosten für die nächste Instanz dazu. Sollte die Beschwerde durchgehen, werden die Spenden für andere Rechtshilfefälle verwendet.

Kontonummer: P.S.K. 754.7212, KontoinhaberIn: Unabhängige Initiative Informationsvielfalt (U.I.I.), Kennwort "Grundrechtsbeschwerde" nicht vergessen.


aus: TATblatt Nr. plus 82 (,15/97) vom 11. September 1997
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