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Novellierung der Publizistikförderung

Das Ende ist nah?

Was bisher nur unter Bruch von Gesetz und Verfassung möglich war, soll nun per Gesetzesnovelle legalisiert werden: der Ausschluss kritischer linker Zeitschriften von der Publizistikförderung. So sieht es zumindest eine im 3. Budgetbegleitgesetz versteckte Vorlage vor, die am 23. Oktober vom Budgetausschuss beschlossen wurde.

TATblatt, VAZ

Von der Förderung sollen künftig beispielsweise all jene Zeitschriften ausgeschlossen sein, die "wiederholt zur allgemeinen Mißachtung der Rechtsordnung auf einem bestimmten Rechtsgebiet auffordern." (Par. 7 Abs. 2 Z 3) Unklar bleibt dabei, was eine allgemeine Missachtung der Rechtsordnung - etwa im Unterschied zu einer konkreten Missachtung derselben -, noch dazu auf einem bestimmten Rechtsgebiet - nicht also gegen die Rechtsordnung insgesamt - sein soll. Die Möglichkeit, den Satz in jede nur erdenkliche Richtung zu interpretieren, erlaubt, ganz nach politischer Opportunität, bestimmte Zeitschriften zu fördern und andere auszuschließen, ohne sich damit - wie in den letzten Jahren - zwingend dem Vorwurf der Willkür auszusetzen. Es dürfte nicht unwahrscheinlich sein, dass insbesondere Zeitschriften, welche Wehrdienstverweigerung befürworten oder Homosexuellenschutzalterparagrafen kritisieren, als erste Gefahr laufen, diesem Paragrafen zum Opfer zu fallen. Die JournalistInnengewerkschaft schrieb in diesem Zusammenhang in einer Presseaussendung von der Schaffung eines "demokratie- und grundrechtspolitisch bedenkliche[n] 'Zensurparagraphen'".

Nicht weniger unkonkret und biegbar ist die neuformulierte Ziffer 2 desselben Paragrafen und Absatzes, demzufolge auch jene Zeitschriften von der Förderung ausgeschlossen sind, die "Gewalt gegen Menschen als Mittel der Politik befürworten". Auf den ersten Blick könnte diesem Punkt durchaus einiges abgewonnen werden, dürften doch fürderhin Zeitschriften, die Polizei und Militär im besonderen, die Gewaltstrukturen von Patriarchat, Kapitalismus und Rassismen im allgemeinen befürworten, nicht mehr gefördert werden. Ob dies von den Gesetzesschreiberlingen so gemeint war, und von den künftigen VollzieherInnen buchstabengetreu exekutiert werden wird, erscheint jedoch fraglich.

Die zum alten Gesetz erlassenen internen Richtlinien des Publizistikförderungsbeirats im Bundeskanzleramt waren da etwas genauer. Denenzufolge war die Publizistikförderung zu verweigern, wenn die Druckschrift sich gegen die Republik Österreich, die österreichische Nation, die Unabhängigkeit oder die immerwährende Neutralität richtete, wenn darin faschistisches oder nationalsozialistisches Gedankengut vertreten wurde, Rassenhass oder AusländerInnenfeindlichkeit gefördert wurde (Punkt 2 der Richtlinien). Dies hat allerdings bereits in der Vergangenheit weder den Beirat daran gehindert, neutralitätsfeindliche Zeitschriften aus sozialdemokratischen oder anderen bürgerlichen Ecken für die Förderung vorzuschlagen, das TATblatt hingegen abzulehnen, noch die ÖVP davon abgehalten, im MinisterInnenrat ihr nicht genehme Zeitschriften aus der Förderungsliste hinaus zu reklamieren.

Dem neuen Absatz 2 fiel in einem Handstreich auch gleich der alte Absatz 2 zum Opfer, der die Förderungsmöglichkeit für neugegründete Zeitschriften bei Vorliegen von redaktionellem Konzept und Finanzplan vorsah.

Ebenso nicht mehr gefördert werden sollen Zeitschriften, die sich "ausschließlich [...] an ein Fachpublikum wenden" ((Par. 7 Abs. 1 Z 3) oder von einer anderen Gebietskörperschaft Förderung bekommen (Par.7 Abs. 3 Z 2).

Die Änderungen zum "Bundesgesetz über die Förderung politischer Bildungsarbeit und Publizistik", das fortan auch offiziell mit "Publizistikförderungsgesetz" bzw. "PubFG" abgekürzt werden darf - wenngleich auch weiterhin der weitaus größte Teil der aufgrund dieses Gesetzes verteilten Förderungen der politischen Bildungsarbeit der Parteien zufließt - werden dieser Tage vermutlich ohne größeren Aufsehens im Nationalrat beschlossen.

Die Publizistikförderung des laufenden Jahres wird - auf der nicht sonderlich beachteten Basis des alten Gesetzes - im MinisterInnenrat immer noch von der ÖVP blockiert. Aus der Förderliste sollen - unbestätigten Gerüchten zufolge - diesmal das wöchentliche Info- und Diskussionsblatt "akin", das antimilitaristische "ZOOM", die schwullesbischen "Lambda-Nachrichten" und der trotzkistische "ArbeiterInnenstandpunkt" gestrichen werden. Das TATblatt ist zur Förderung - auch nichts neues - erst gar nicht vorgeschlagen worden.

Die Regierungsvorlage zum PubFG, eine Stellungnahme der Vereinigung alternativer Zeitungen und Zeitschriften (VAZ) und einiges mehr zum Thema ist im WWW ab Seite http://fgidec1.tuwien.ac.at/media/VAZ zu finden.

[Lex TATblatt? Was der ÖVP-Pressedienst dazu schreibt]


aus: TATblatt Nr. +86 (19/97) vom 6. November 1997
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