TATblatt


ÖVP versus Grünalternative Jugend:

Pippi for President?

Mit großer Spannung erwartete eine große Zahl von JournalistInnen die angekündigte Präsentation der Präsidentschaftskandidatin der Grünalternativen Jugend (GAJ) am 3. Februar in Wien. Groß war die Enttäuschung, als sie erfahren mussten, dass sie reingelegt worden waren. Denn welche da präsentiert wurde, war keine andere als Pippi Langstrumpf. Pippi stünde für ein selbstbestimmtes Leben und Ablehnung von Autorität, so die GAJ, rassistische Aussagen Pippis in Zusammenhang mit ihrem Vater, dem "Negerkönig von Takatuka-Land" (Zitat Pippi L.), stillverschweigend vergessend.

TATblatt, ÖVP, GAJ
Die Grünalternative Jugend betonte, dass sie das BundespräsidentInnenamt für verzichtbar halte, in der theoretischen Machtfülle des Bundespräsidenten eine Gefahr für  die Demokratie sehe und sich daher für die Abschaffung dieses Amtes ausspreche, usw. Jede und jeder könne Pippi sein.

Darüber, wie originell oder politisch vertretbar die Präsentation war, ließe sich wohl streiten. Es blieb jedenfalls dem ÖVP-Pressedienst überlassen, die Widersprüche in der Person der Pippi L. aufzudecken,...
 

ÖVP-Pressedienst: "Pippi Langstrumpf als Bundespräsidentin geeignet?

Wien, 3. Februar 1998 (ÖVP-PD) Die heutige Nominierungs Pippi Langstrumpfs durch die Grünalternative Jugend wirft eine Reihe politisch relevanter Fragen auf, die im Sinne der 'political correctness' beantwortet werden müssen. 'Gerade von einer Grün-Kandidatin', wie die 'Behörde' heute, Dienstag, sagte.

1. Trifft es zu, dass Fräulein Langstrumpf in ihrer Villa ein Äffchen und ein Pferd hält? Wenn ja, möge uns die Grün-Kandidatin Auskunft darüber geben, woher das Äffchen  stammt (Artenschutzkonvention, Verbot des Imports gefährdeter Tierarten), ob es artgerecht gehalten werden kann und inwieweit   das Tier für publikumswirksame Zurschaustellung (TV, Kino, Video) verwendet wurde oder wird. Ebenso wird Auskunft darüber begehrt, inwieweit dem Pferd seitens seiner Besitzerin adäquater Lebens- bzw. Bewegungsraum geboten wird. Die Behörde musste öfters zur Kenntnis nehmen, dass das Pferd im Hause (Villa Kunterbunt) untergestellt war. Darüber hinaus wird Fräulein Langstrumpf darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Behörde ein tierpsychologisches Gutachten in Auftrag gegeben hat, welches mögliche negative Persönlichkeitsveränderungen bei Pferden durch beidarmigesIn-die-Luft-Stemmen zum Gegenstand hat.

2. Trifft es zu, dass Fräulein Langstrumpf in ihrer Villa eine Reisetasche mit Goldmünzen aufbewahrt? Wenn ja, möge uns die Präsidentschaftskandidatin darüber informieren, woher dies Gold stammt (Erbschaft, Diebesgut, Anlage, Nationalbank,...) Sollte es sich aber um Einkommensbestandteile handeln, sind die entsprechenden Einkommensnachweise zu erbringen.

3. Trifft es zu, dass Fräulein Langstrumpf im Garten der Villa   (Kunterbunt) einen Baum besitzt, worin sie Limonade-Flaschen   aufbewahrt, die sie auch ihren Gästen zur Verköstigung anbietet? Wenn ja, weist die Behörde Fräulein Pippi Langstrumpf darauf hin, dass Bäume als Lagerstätte für Getränke nicht vorgesehen sind. Wir erkennen darin eine unmoralische Ausbeutung Bruder-Baums. Die Behörde behält sich vor, in näherer Zukunft eine unangemeldete Kontrolle des betreffenden Baumes durchzuführen, um festzustellen, ob es sich hierbei auch um eine Endlagerstätte für Altglas, das nicht dem Recycling zugeführt wird, handelt.

4. Trifft es zu, dass der Vater Fräulein Langstrumpfs 'Seeräuber'   und Eigentümer einer Insel namens 'Takatuka-Land' ist? Die   Behörde weist darauf hin, dass es als problematisch angesehen   wird, wenn gerade eine Präsidentschaftskandidatin eine Person zum Vater hat, welche ihre Einkünfte als Mitglied einer kriminellen Organisation (Seeräuber) erwirtschaftet und Staatsoberhaupt eines Landes ist, in welchem Sklaverei als anerkanntes wirtschaftspolitisches Modell gilt. Auch darüber hat Fräulein Langstrumpf der Behörde schnellstens  Auskunft zu  geben.

Mit einem freundlichen 'Drei mal Drei ist Sechs, widewidewid und drei macht Neune', die Behörde (ÖVP-PD)"
 

GAJ bzw. Pippi L. antwortet:

"Wien, 3. Februar 1998

ad 1.) Es sollte allgemein bekannt sein, dass sowohl ein Äffchen, wie auch ein Pferd in der Villa Kunterbunt leben. Zur Haltung des Pferdes ist anzumerken, dass es ausschließlich auf der Veranda gehalten wird, da es ihm im Wohnzimmer nicht gefällt, und es in der Küche beim besten Willen keinen Platz findet (wo es sich aber zu besonderen Anlässen sehr wohl aufhalten darf). Über Bewegungsmangel hat sich das Pferd bei mir noch nie beklagt. Da es regelmäßig von mir und meinen FreundInnen in absolut artgerechter Art und Weise ausgeführt wird. Was die negativen Persönlichkeitsveränderungen betrifft sei angemerkt, dass ganz im Gegenteil das tierpsychologische Institut in meiner kleinen Stadt festgestellt hat, dass regelmäßiges in die Luftstemmen der Gesundheit von Pferden äußerst zuträglich ist, wobei es keinerlei Auswirkungen hat ob ein- oder beidarmig gestemmt wird.

Angesichts der Fragestellung fühle ich mich bemüßigt die traurige Lebensgeschichte von Herrn Nilsson (= Äffchen) erstmals öffentlich bekanntzumachen: Er wurde als Kleinkind durch die Scheidung seiner Eltern schwer verstört, ngsriss schließlich aus und fand erst bei mir auf der Hoppetosse (= Schiff) wieder eine Heimat. Ich muss eingestehen, dass es möglich ist, dass ich damals eventuell gegen Einfuhrbestimmungen verstoßen habe, ich hoffe, dass man mir diese Jugendsünde verzeihen möge!

Dass manche mir nicht zutrauen, mich ohne meine Tiere zu behaupten, finde ich schade! Die beiden sind bei Annika und Thomas gut aufgehoben und werden selbstverständlich durch meinen Wahlkampf in keiner Weise beeinträchtigt.

ad 2.) Auch mein beinahe sprichwörtlicher Reichtum sollte, ebenso wie die Art seiner Verwendung (Verschenken, Verteilen etc.), allgemein bekannt sein. Es handelt sich selbstverständlich weder um Diebsgut, noch um eine Erbschaft, sondern um Unterhaltszahlungen meines Vaters an mich.

ad 3.) Es ist vollständig falsch, dass ich den Baum als Lagerstätte benützen würde. Richtig ist viel mehr: In diesem Baum wachsen Limonadeflaschen und donnerstags auch Schokolade. Das Ernten dieser Früchte als unmoralische Ausbeutung von Bruder-Baum zu deuten, erscheint mir einigermaßen absurd! Zur Fortsetzung der Frage lässt sich nur sagen: Glauben sie wirklich, ich wollte den Baum in meinem Garten auf Dauer in eine Müllkippe verwandeln? Meine Handlungen widersprechen niemals meinen ureigensten Interessen!

ad 4.) Es ist nicht zutreffend, dass mein Vater Seeräuber von Beruf ist, er ist vielmehr Seefahrer, was einen völlig anderen - wenn auch verwandten - Berufszweig darstellt. Es mag sein, dass ich in jungen Jahren hin und wieder den übereilten Wunsch geäußert habe, selbst Seeräuberin zu werden, dies hat sich jedoch, wie es so schön heißt, 'erledigt'. Es ist ebenso falsch, dass es sich bei meinem Vater um den Besitzer der Insel Takatuka handelt, er ist vielmehr König, eine Position, die bei mir schon immer auf heftigste Kritik gestoßen ist, wie ich mit folgendem Zitat belegen kann: 'Ich gar nicht ein feine Prinzessin bin. Ich einfach bin bloß Pippi Langstrumpf, und ich pfeife auf das Thronsitzen.' (Die Mängel in der Grammatik resultieren aus meiner leider enorm schlechten Kenntnis des Takatukanischen.) Zur Verteidigung meines Vaters möchte ich doch anmerken, dass mir bei all meinen Aufhalten in Takatuka nicht ein einziger Fall von Sklaverei zu Augen oder Ohren kam. Selbstverständlich wäre ich dagegen sofort eingeschritten!

Eine Richtigstellung möchte ich noch treffen: Ich bin Kandidatin der Grünalternativen Jugend, nicht der Grünen Partei!"


aus: TATblatt Nr. +91 (3/98) vom 12. Februar 1998
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