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[grundsätzliches zum MAI in TATblatt +92]

wo kapital ist, ist auch ein weg

MAI durch die hintertür?

Vom 18. bis zum 20. mai finden weltweit aktionstage gegen die welthandelsorganisation WTO, sogenannten freien handel, (neo)liberalismus und das multilaterale investitionsabkommen MAI statt. In wien ist für den 20. mai eine demonstration geplant. Treffpunkt: 17 uhr vor dem westbahnhof.
 

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Bisweilen verdichten sich die anzeichen dafür, dass das multilaterale investitionsabkommen MAI vorerst gestorben  ist. Dieses abkommen legt weitestgehende freiheiten für transnationale investitionen fest - auf kosten staatlichen regulationsspielraums ebenso wie unter aufgabe sozialer und ökologischer mindeststandards (siehe TATblatt +92). Nicht zuletzt aufgrund internationaler proteste drängen einige der verhandelnden oecd-staaten auf zumindest kosmetische veränderungen. Die USA beharren immer noch auf ausnahmebestimmungen, welche den fortbestand jener gesetze, die den boykott von firmen, die bspw. in kuba oder lybien investieren, ermöglichen sollen. Frankreich und mittlerweile auch österreich wollen ausnahmen im kulturbereich. Widerstände gegen diese ausnahmeforderungen blockieren derzeit die verhandlungsrunden.

In österreich rief bundeskanzler klima mitte april eine nachdenkpause aus. Er meldete inhaltliche bedenken an und beklagte, dass die vom abkommen betroffenen stellen vom für die verhandlungen zuständigen wissenschaftsministerium nicht ausreichend informiert worden seien - vorwürfe, die von wissenschafstminister Farnleiter freilich zurückgewiesen werden. Eine nachdenkpause würde die verhandlungsposition österreichs schwächen, so Farnleiter in der "presse".

Nach dem ministerInnenrat am 21. april war die nachdenkpause für Farnleiter bereits wieder vom tisch. Klima verkündete zwar immer noch, eine solche verordnet zu haben, ein entsprechender beschluss war allerdings nicht gefasst worden.

Über einen termin für eine mögliche vertragsunterzeichnung kann derzeit auch in den gewöhnlich gut informierten kreisen nur spekuliert werden. Von oktober 98 über ende 99 bis gar nicht mehr sind da alle möglichen termine zu vernehmen.
 

hintertürl NTM

Ein scheitern des MAI bedeutet allerdings kaum das ende der macht der multinationalen konzerne und des kapitals. Die EU-kommission zauberte bereits im februar ein neues projekt aus den schubladen: den new transatlantic marketplace (NTM), einen EWR und NAFTA einschließenden transatlantischen binnenmarkt für waren, dienstleistungen, geistiges eigentum und investitionen.  Der NTM-vertrag beinhaltet all jene investitionen betreffenden bestimmungen, die bereits aus dem MAI-vertrag bekannt sind: meistbegünstigungsklausel, einseitige streitbeilegungsmechanismen, ein exzessives enteignungsverbot usw. usf. Ein beitritt anderer staaten zum NTM ist erwünscht.

Der NTM ist keine neue erfindung. Verhandlungen darüber laufen bereits seit 1994, vor allem im rahmen des transatlantic business dialogue (TABD). Dass sie gerade jetzt forciert werden, liegt neben den verzögerungen beim MAI daran, dass sich die EU damit eine bessere ausgangsposition für die im nächsten jahr startende "milleniums-runde" der WTO erhofft.
 

demo

Der MAI-vertrag taugt wunderbar dazu, in den düstersten farben zu verdeutlichen, wohin der kapitalismus in seiner derzeitigen phase der globalisierung führt. Eine verhinderung des MAI ändert aber nur wenig an der grundsätzlichen entwicklung. Die demonstration am 20. mai richtet sich daher nicht bloß gegen das MAI, sondern auch gegen NTM, die WTO und neoliberalismus überhaupt. Weitergehende ziele des protests waren aufgrund der breite der unterstützerInnenliste der demo nicht möglich, sollten sich aber durchaus in der weiteren politischen praxis niederschlagen.
 
 

DEMO: mi., 20. mai, 17.00 uhr, wien westbahnhof

Die demonstration wird unterstützt von akin; alternativpunkt uni wien; alt.ref.boku; anti atom international; arbeitskreis christInnen und sozialdemokratie; arge f. wehrdienstverweigerung, gewaltfreiheit und flüchtlingsberatung; arge schöpfungsverantwortung; alternative und grüne gewerkschafterInnen oberösterreich; autonomes FrauenLesbenMädchen-zentrum;  bagru juridikum; bing; café dogma; ekh; fakultätsvertretung gewi; fakultätsvertretung gruwi; frauenhetz; frauenreferat boku; frauenreferat uni wien; friedenswerkstatt linz; gams; glb; gaj; gras; hauptausschuss uni wien; infoladen 10; kjö; kralle; ksv; lili; ökologiereferat uni wien; rBh; referat für homoBiTranssexuelle angelegenheiten uni wien; rkl; rosa antifa; strv biologie; strv landschaftsplanung; strv soziologie; strv volkswirtschaft; strv wirtschaftsinformatik, TATblatt; tu-club; virus; vsstö.

[grundsätzliches zum MAI in TATblatt +92]

aus: TATblatt Nr. +97 (9/98) vom 7. Mai 1998
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